Zwei Jahre nach Ausbruch der Coronapandemie ist noch immer nicht klar, wo das Sars-CoV-2-Virus herkommt: Ist es das Resultat von hochriskanten Forschungsaktivitäten in China? Oder wurde es von Tieren auf den Menschen übertragen? Das «Wallstreet Journal» zitierte Ende Februar einen Geheimdienstbericht, wonach das US-Energieministerium von einer Laborpanne ausgehe. Kurz darauf gab der Nationale Sicherheitsrat bekannt, «in der US-Regierung herrscht zurzeit keine Einigkeit darüber, wie Covid entstanden ist».
Fest steht: Coronaviren stammen nicht nur aus der Natur, sie werden gezielt auch in Laboren gezüchtet. Etwa in der chinesischen Stadt Wuhan, in der rund 10 Millionen Menschen leben. In 300 Metern Entfernung vom Markt, auf dem das Virus angeblich erstmals festgestellt wurde, liegt ein Hochsicherheitslabor des Zentrums für Seuchenbekämpfung. Hier wurde mit Fledermausviren experimentiert.
Unmittelbar daneben befindet sich das Union Hospital, dessen Ärzte früh mehrere Infektionen meldeten. Und rund elf Kilometer entfernt liegt das Wuhan Institut für Virologie. Auch dieses Labor veränderte Fledermausviren, um sie ansteckender zu machen. Das geht aus Berichten von Shi Zengli und weiteren Forschern hervor, die in diesen Laboren mit US-Wissenschaftern zusammenarbeiteten.
Gemäss der US-Zeitschrift «Newsweek» wurde ab 2019 auch untersucht, wie sich Coronaviren verändern lassen, um Menschen zu infizieren. Wissenschafter sprechen von Versuchen, Viren in Waffen zu verwandeln.
2014 stoppte US-Präsident Barack Obama die Staatsbeiträge für die Experimente des Immunologen Anthony Fauci. Vorausgegangen waren Unfälle in US-Laboren, bei denen absichtlich veränderte tödliche Viren beinahe freigesetzt wurden. Fauci verlagerte die Experimente daraufhin ins Militärlabor in Wuhan.
Faucis Untersuchungen alarmierten gemäss einem Artikel der «New York Times» im Dezember 2017 Wissenschafter in den USA und in vielen anderen Ländern. Sie warnten vor der Erschaffung eines «Monsterkeims, der aus dem Labor entkommen und eine Pandemie auslösen könnte».
Laut dem Basler Professor Roland Wiesendanger infizierte sich eine chinesische Wissenschafterin in Wuhan als erste Person mit Corona. Im Herbst 2019 litten bereits viele Einwohner von Wuhan an Covid-19-ähnlichen Symptomen. Laut Wiesendanger gilt heute als erwiesen, dass es im Spätsommer 2019 in einem Labor zu einem Zwischenfall mit Sars-CoV-2-Erregern gekommen war. In der ersten Oktoberhälfte führten chinesische Behörden vor Ort eine Untersuchung durch. Deren Ergebnisse wurden nicht publiziert. Im Herbst traten auch in Italien und Frankreich erste Fälle von Covid-19 auf. Ärzte stellten dies erst später anhand von Lungenaufnahmen und Blutanalysen fest.
Die Forschung an Coronaviren ging nach 2019 weiter. Am 14. Oktober 2022 meldete die US-Universität Boston, dass es Forschern gelungen sei, ein neues Coronavirus zu erschaffen: Dessen Sterblichkeitsrate betrage bei Labormäusen 80 Prozent. Im Bericht heisst es auch, die hochinfektiöse Omikron-Variante sei mit einer ursprünglichen Covid-Variante kombiniert worden: Das Laborvirus entziehe sich der Immunität, die durch eine Impfung hervorgerufen worden sei. Das Experiment alarmierte Wissenschafter weltweit. In der sogenannten «Hamburger Erklärung» fordern 50 Forscher den Stopp der Forschung an potenziellen Pandemieerregern.
Auch in der Schweiz werden gefährliche Viren erforscht
In der Schweiz werden etwa am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern Influenzaviren verändert und untersucht – mit dem Ziel, wirksame Behandlungsmethoden zu finden. Der Bundesrat beurteilte die Experimente in einer Antwort an den St. Galler SVP-Nationalrat Lukas Reimann im Sommer 2021 «als sinnvoll» für die Erforschung bestimmter Eigenschaften eines Erregers.
Versuche mit gentechnisch veränderten oder krankheitserregenden Organismen sind je nach Risiko (Stufen 1 bis 4) melde- bis bewilligungspflichtig. Die Forschung darf nur in sogenannten geschlossenen Systemen durchgeführt werden. Es gibt in der Schweiz zwei Labore der Sicherheitsstufe 4, in denen man auch Projekte zur Vermehrung von hochgefährlichen Erregern durchführen darf. Das eine ist das dem Bund gehörende Labor in Spiez BE, das andere das Institut des Bundes für Virologie und Immunologie im bernischen Mittelhäusern. Es ist das nationale Referenzlabor für hochansteckende Tierseuchen.
Biowaffen sind verboten – doch eine Kontrollinstanz gibt es nicht
Weltweit gibt es 59 Höchstsicherheitslabore mit der Biosicherheitsstufe 4. Ein von der US-amerikanischen «Nuclear Threat Initiative» geführter Index zeigt, dass nur etwa ein Viertel der Länder mit solchen Laboren eine hohe Punktzahl für Biosicherheit erhält. Die Schweiz gehört zu den wenigen Ländern, welche die Forschung hinsichtlich des «doppelten» Verwendungszwecks überprüft – also, ob die Experimente eine erhebliche Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt bedeuten. Seit den 1970er Jahren existiert ein weltweites Übereinkommen über das Verbot von biologischen Waffen. Nur: Es gibt keine Kontrollinstanz.
Die Wissenschafter der «Hamburger Erklärung» sehen die neuartigen biotechnischen Verfahren zur Veränderung gefährlicher Krankheitserreger wie Vogelgrippe- und Coronaviren als Bedrohung für die Menschheit. Es gebe Hinweise darauf, dass in diversen Laboren der Welt noch sehr viel gefährlichere Viren wie Mers, Ebola oder Nipah gentechnisch manipuliert werden. Für die beunruhigten Forscher ist klar: «Ein Katastrophenfall könnte für einen substanziellen Anteil der Weltbevölkerung tödlich enden.»