Karin Schmid aus Winterthur ZH wollte einen Flug von Zürich nach London buchen. Beim Vergleich fiel ihr auf: Nicht nur die Preise für den Flug sind bei den Gesellschaften verschieden, sondern auch die Preise für den CO2-Ausgleich.
Bei der Swiss hätte Schmid bis 141 Franken zahlen können, um das auf dem Hin- und Rückflug ausgestossene CO2 zu kompensieren. British Airways dagegen offerierte einen «klimaneutralen» Flug für einen Zuschlag von lediglich Fr. 2.57 – für die gleiche Strecke. Und Easyjet gab an, die CO2-Kompensation sei im Flugpreis inbegriffen.
Swiss-Passagiere zahlen bis zu 1075 Franken
Swiss-Kunden können aus drei Ökotarifen auswählen. Beim günstigsten Tarif «Klimaprojekte» leitet die Airline den bezahlten Betrag an My Climate weiter. Die Umweltstiftung will etwa die Abholzung von Wäldern in Tansania verhindern, denn Bäume entziehen der Atmosphäre CO2.
Das Problem: Vom eingespeisten Geld der Kunden kommt oft nur wenig bei den Klimaprojekten an. Viel Geld bleibt bei Organisationen wie My Climate hängen (saldo 3/2022).
Die teuerste Klimakompensation der Swiss heisst «Sustainable Aviation Fuel», was so viel heisst wie «nachhaltiger Flugzeugtreibstoff». Bei diesem Tarif kauft Swiss Ökotreibstoff und mischt es dem Kerosin bei. Der Ökosprit wird statt aus Erdöl aus Altfetten wie Speiseöl und Tierfetten hergestellt. Er verursacht laut Herstellern 80 Prozent weniger Treibhausgase, ist gemäss Swiss aber drei- bis fünfmal so teuer wie Kerosin.
Wer etwa nach Singapur fliegt, zahlt für den Ökosprit einen Zuschlag von 340 Franken, in der ersten Klasse sind es 1075 Franken. Die Swiss gibt allerdings zu: Der Ökotreibstoff wird nicht in das Flugzeug gefüllt, mit dem der buchende Passagier fliegt, sondern in irgendein Flugzeug. Getankt wird der Treibstoff nicht in Zürich, sondern hauptsächlich in Frankfurt. Die Swiss begründet das damit, dass der Verzollungsaufwand bei der Einfuhr in die Schweiz zu gross wäre.
Wie viel Geld in Klimaprojekte fliesst, ist geheim
Swiss-Kunden können auch einen Mischtarif aus «Klimaprojekten» und «nachhaltigem Treibstoff» wählen. Swiss schreibt, dass rund 10 Prozent der Passagiere einen Ökotarif wählen. Wie viel Geld sie fürs gute Gewissen zahlen, verrät die Airline aber nicht.
Laut der Lufthansa-Gruppe, zu der Swiss gehört, zahlten die Passagiere der Gruppe seit 2019 insgesamt rund 3,3 Millionen Franken für Ökotreibstoff. Diesen Betrag verwendete die Lufthansa laut eigenen Angaben für den Kauf von nachhaltigem Treibstoff.Die Lufthansa verlangt weniger für den Mischtarif, weil sie weniger teures Ökobenzin tankt als die Swiss.
Passagiere der Lufthansa-Tochter Edelweiss können mit dem Tarif «CO2-Kompensation» freiwillig einen Zuschlag für die CO2-Kompensation zahlen. Edelweiss arbeitet wie Swiss mit My Climate zusammen. Das bezahlte Geld wird angeblich für Projekte wie den Bau von Biogasanlagen in Indonesien verwendet.
Auch Edelweiss sagt nicht, wie viel die Passagiere bisher zahlten und wie viel Edelweiss an Klimaprojekte überwies. Der Anteil der Passagiere, die den Tarif «CO2-Kompensation» wählen, liegt laut Edelweiss bei fünf Prozent.
Widersprüchliche Angaben zum C02-Ausstoss
Easyjet gibt an, den CO2-Ausgleich bisher bei allen Flügen selbst zu bezahlen und dafür CO2-Zertifikate zu kaufen. Dieses Geld werde eingesetzt, um etwa Bäume zu pflanzen. Doch das ändert nun: Ab Januar sollen Passagiere bei der Flugbuchung auch bei Easyjet den CO2-Ausgleich neu selbst bezahlen. Wie viel Easyjet bisher an solche Klimaprojekte bezahlte, sagt die Fluggesellschaft saldo nicht.
Auffällig: Die Fluggesellschaften verlangen für den Klimaausgleich durch Umweltprojekte verschiedene Preise. So zahlt etwa ein Swiss-Kunde für den Ausgleich einer Tonne CO2 ungefähr 20 Franken, ein Edelweiss-Passagier 25 Franken. Wer mit der niederländischen KLM fliegt, zahlt nur 16 Franken.
Und: Die Fluggesellschaften rechnen auf gleichen Flugstrecken mit unterschiedlichen Ausstössen. Laut Swiss verursacht ein Passagier, der von Zürich nach London und zurück fliegt, einen CO2-Ausstoss von 192 Kilogramm. Erstaunlich: British Airways rechnet für dieselbe Strecke mit einem Ausstoss von nur 126 Kilogramm. Die Folge: Swiss-Kunden zahlen mehr.
Die Swiss schreibt saldo, der CO2-Ausstoss sei je nach Flugzeugmodell und Kerosinverbrauch unterschiedlich. Einen Einfluss habe auch die gewählte Flugroute. Edelweiss schreibt, man rechne auch die konkrete Auslastung der Flüge ein.
Bei Stornierung erhalten Kunden kein Geld zurück
Gut zu wissen: Swiss und Edelweiss erstatten die bezahlten Klimabeiträge nicht, wenn Kunden einen Flug stornieren oder umbuchen. Geld zurück gibt es nur, wenn die Fluggesellschaft den Flug annulliert.
Edelweiss begründet das damit, dass es sich um «Spenden» an My Climate handle, die Edelweiss nur vermittle. Die Swiss schreibt saldo, dass eine Erstattung wegen «komplexer Prüfprozesse» nicht möglich sei.