Ricardo Avila (Name geändert) aus Zürich buchte Anfang Jahr bei der KLM einen Flug von Zürich nach Rovaniemi in Finnland, mit Umsteigen in Amsterdam. Das Ticket kostete 417 Franken.
Drei Wochen vor der Abreise schrieb die KLM dem Kunden, der Flug auf der Teilstrecke von Amsterdam nach Rovaniemi falle am betreffenden Tag aus. Die niederländische Airline bot Avila die Annullation des Tickets mit der Rückzahlung der Kosten oder eine Umbuchung auf den nächsten Flug von Amsterdam nach Rovaniemi an. Dieser war auf zwei Tage später als geplant angesetzt.
Avila verlangte die Rückerstattung des ganzen Tickets und buchte bei Finnair einen Ersatzflug für den ursprünglichen Reisetag – von Zürich über Helsinki nach Rovaniemi. «Das kostete 235 Franken mehr als der KLM-Flug», sagt Avila.
Der Schweizer hätte sich den Ärger ersparen können. Denn die Europäische Verordnung über die Fluggastrechte gilt auch in der Schweiz. Sie bestimmt: Storniert die Airline einen Flug, kann man sich entweder die Ticketkosten erstatten lassen oder einen Transport zum nächstmöglichen Zeitpunkt verlangen.
Zusätzlich schuldet die Fluglinie je nach Länge der Strecke eine Entschädigung von 125 bis zu 600 Euro, wenn sie den Flug weniger als zwei Wochen im Voraus absagt. Im Fall von Ricardo Avila sagte die KLM den Flug mehr als zwei Wochen vor der Reise ab. Daher schuldete sie ihm keine solche Entschädigung.
Aber Avia hätte einen Flug mit einer anderen Airline verlangen können – auf Kosten der KLM. Weil er sich für die Erstattung des Preises entschied, hat er laut der Fluggastrechte-Verordnung keine weiteren Ansprüche, sagt Stephan Keiler, Assistenzprofessor für europäisches Privatrecht an der Sigmund Freud Privatuniversität in Wien.
Passagiere können Mehrkosten für Ersatzflug einfordern
Paul Degott, Experte für Reiserecht in Hannover (D), ergänzt: «Fordert der Passagier bei einem stornierten Flug weiterhin die vereinbarte Beförderung, muss ihm die Airline eine zumutbare Ersatzreise anbieten. Eine Reise mit zwei Tagen Verspätung wie in Avilas Fall sei kein vergleichbarer «Fordert der Passagier bei einem stornierten Flug weiterhin die vereinbarte Beförderung, muss ihm die Airline eine zumutbare Ersatzreise anbieten.» Paul Degott Experte für Reiserecht, Hannover (D) Flug.
Avila hätte die KLM schriftlich dazu auffordern können, den Ersatzflug von Finnair zu bezahlen. Wenn die Fluglinie dies ablehnt, kann der Kunde laut Degott den Ersatzflug selbst buchen und die Mehrkosten später als Schadenersatz einfordern.
Swiss bucht Passagiere oft ungefragt um
Die Airlines lassen ihre Passagiere über die Rechte bei stornierten Flügen oft im Unklaren. Simon Sommer ist Jurist bei der Firma Cancelled.ch, die für Flugkunden Entschädigungen einfordert. Er sagt: «Die Swiss und weitere Fluglinien des Lufthansa-Konzerns buchen Passagiere meist ungefragt um. Easyjet storniert Flüge oft, ohne einen Ersatzflug vorzuschlagen.» Dann hätten Passagiere gute Chancen, das Geld für einen Ersatzflug zu bekommen. «Wir haben es schon in vielen solchen Fällen erhalten.»
Ähnlich äussern sich auf Anfrage Fluggastrechtportale wie Fairplane und Flightright. Gerichtsurteile zu Forderungen von Passagieren gegenüber Airlines gibt es erst wenige. Das Fluginkassobüro EU-Claim verweist auf einen Fall in den Niederlanden, bei dem ein Fluggast die Kosten für den Ersatzflug vom Gericht zugesprochen bekam. Das Handelsgericht Wien und das Landgericht Frankfurt entschieden in ähnlichen Fällen gleich.
Bei stornierten Flügen gilt: hartnäckig Ersatz fordern
Swiss-Sprecher Michael Pelzer sagt: «Wir weisen die Kunden vor einer Umbuchung auf den nächsten Flug auf die Möglichkeit hin, den Flug selbst umzubuchen.» Er verspricht: «Falls ein Passagier seine Enddestination am schnellsten mit einer Fluggesellschaft erreicht, die nicht zur Lufthansa gehört, greifen wir auf diese Möglichkeit zurück.»
Bei Easyjet heisst es, die Kunden würden bei Annullationen per SMS oder E-Mail über die Optionen informiert. Sei innert 24 Stunden nach dem gebuchten Abflug kein Ersatzflug von Easyjet verfügbar, organisiere man Passagieren ein Ticket einer anderen Airline oder die Reise mit Bahn, Bus oder eine Automiete.
Bei stornierten Flügen lohnt es sich, hartnäckig zu sein. Diese Erfahrung machte saldo-Leser aus Kriens LU. Seine Frau hatte bei der KLM einen Flug nach Nicaragua gebucht, über Amsterdam und Panama. Die KLM stornierte vor dem Abflug die letzte Teilstrecke. Am KLM-Schalter im Flughafen Zürich habe er zwei Stunden lang einen Ersatzflug verlangt, so der Leser. Dann buchte ihm die Airline für den gleichen Reisetag einen Flug mit der Air France.