Die Lämmer grasten vier Monate lang auf Weiden in Australien, Neuseeland, Irland oder Grossbritannien. Jetzt liegen ihre wertvollsten Stücke – Filet, Nierstück oder Huft – in den Regalen der Läden. Das Fleisch gelangt per Flugzeug oder tiefgekühlt per Schiff in die Schweiz.
Für Lammfilet aus Neuseeland verlangt die Migros zurzeit 57 Franken pro Kilo. Bei Coop zahlen Kunden für 1 Kilo Lammracks aus Neuseeland 62 Franken. Im Vergleich zu den Kosten der Fleischstücke im Einkauf sind das stolze Preise.
Laut Angaben eines Grosshändlers kosten Lammfilet und Nierstücke im Einkauf gegenwärtig 27 Franken pro Kilo – verzollt und in die Schweiz importiert. Gut 2 Franken davon gehen an den Bund. Die Grossverteiler schlagen also mehr als 30 Franken pro Kilo auf den Einstandspreis.
Jährlich werden über 5000 Tonnen Lammfleisch in die Schweiz eingeführt. Allein Coop und Migros, die beiden grössten Importeure, verdienen damit über 100 Millionen Franken – vorsichtig geschätzt. Dabei handelt es sich um die Bruttomarge. Daraus zahlen die Händler Transport, Lagerung, Zuschnitt und Verpackung.
Das gute Geschäft mit billig importiertem Lammfleisch hat negative Folgen für Schweizer Produzenten: Gegen die günstige Konkurrenz aus dem Ausland haben einheimische Schafzüchter kaum eine Chance. Schweizer Lammfleisch macht gemäss der Branchenorganisation Proviande nur 42 Prozent des Lammfleischkonsums in der Schweiz aus. Zu gering sind Preis und Verdienst, den Schafzüchter dafür erhalten.
Schafbauern können Kosten kaum decken
Ein professioneller Bio-Schafzüchter legt gegenüber saldo seine Buchhaltungszahlen auf den Tisch. Er hält 200 Muttertiere. Sie gebären jährlich im Durchschnitt 300 Lämmer.
Pro Kilogramm Lammfleisch erhält er von den Grossverteilern Fr. 15.50. Damit kann er gemäss eigenen Angaben knapp seine Kosten decken. Sein einziger Verdienst sind die Subventionen, die er für die Schafhaltung vom Bund erhält: rund 32'000 Franken pro Jahr.
Er fügt an: Wenn Coop und Migros den Bauern wenig zahle, müsse man mit Subventionen die Kosten decken. «So ziehen uns die Grossverteiler als Hauptabnehmer auch noch dieses Geld aus dem Sack.»
Die Folge: Viele Schafbauern sparen Kosten und betreuen deshalb ihre Schafherden ungenügend. Kranke Tiere behandeln sie nicht mehr. Coop schreibt, man zahle den Schweizer Schafzüchtern «faire und marktgerechte Preise». Die Migros äussert sich nicht zu ihrer Preispolitik.
Eine aktuelle Untersuchung des Bunds für die ganze Schweiz zeigt: Über ein Viertel aller Schweizer Schafherden leidet an der schmerzhaften Klauenkrankheit «Moderhinke». Bei starker Erkrankung grasen die Tiere auf den Knien, weil sie vor Schmerzen nicht mehr stehen können.
Bund zahlt 470'000 Franken für den Schutz der Schafe
Die Klauenkrankheit zu bekämpfen, ist teuer. Ein Schafbauer muss für eine Herde bis zu 15'000 Franken aufwenden. Ab dem kommenden Herbst ist jeder Schafhalter verpflichtet, die eigene Herde gegen die Krankheit zu behandeln – vom Bund verordnet. Geschätzte Kosten: 6,6 Millionen Franken. Der Bund beteiligt sich daran mit 470'000 Franken. Einen weiteren Teil übernehmen die Kantone. Die Schafhalter entrichten eine Abgabe an die Laboruntersuchungen.
Tipp: Wer Lammfleisch direkt bei Schweizer Bauern und in Bio-Qualität kauft, zahlt zurzeit für ein Mischpaket mit verschiedenen Fleischstücken rund 35 Franken pro Kilo. Dieser Preis geht nicht an die Grossverteiler und garantiert den Bauern ein besseres Einkommen. So findet man im Internet Verkaufsstellen: Die Suchbegriffe «Lammfleisch», «beim Bauern kaufen» und die Region eingeben.