Fischverkauf: Auf die Bezeichnung «Bio» ist kein Verlass
Immer mehr Konsumenten kaufen Bio-Fisch. Was sie nicht wissen: In der Schweiz dürfen Produzenten und Händler jeden Fisch «bio» nennen – weil der Bund kein Gesetz erlässt.
Inhalt
saldo 13/2010
29.08.2010
Letzte Aktualisierung:
31.08.2010
Sabine Rindlisbacher
Noch nie haben die Schweizer so viel Fisch gegessen: Laut Bundesamt für Umwelt lag der Konsum letztes Jahr bei 7,1 Kilogramm pro Person. Dies entspricht gesamthaft 56 000 Tonnen. Zunehmend beliebter wird Bio-Fisch, da er nach speziellen Kriterien gezüchtet und verarbeitet sein soll (siehe unten). Produzenten und Verkäufer setzen auf das Gewissen der Konsumenten. Denn was «bio» ist, scheint gut für Tier und Umwelt zu sein. Und zudem gesund.
Noch nie haben die Schweizer so viel Fisch gegessen: Laut Bundesamt für Umwelt lag der Konsum letztes Jahr bei 7,1 Kilogramm pro Person. Dies entspricht gesamthaft 56 000 Tonnen. Zunehmend beliebter wird Bio-Fisch, da er nach speziellen Kriterien gezüchtet und verarbeitet sein soll (siehe unten). Produzenten und Verkäufer setzen auf das Gewissen der Konsumenten. Denn was «bio» ist, scheint gut für Tier und Umwelt zu sein. Und zudem gesund.
Schweiz kennt kein Gesetz für Bio-Fische
Doch eine Nachfrage beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zeigt: Die Schweizer Bio-Verordnung gilt nicht für Fische. Patrik Aebi, Leiter Qualitäts- und Absatzförderung: «Für Fische existieren zurzeit keine gesetzlichen Bestimmungen bezüglich Bio-Kennzeichnung. Beim Fisch besteht nicht die gleiche Sicherheit wie bei anderen Lebensmitteln, dass ‹bio› wirklich ‹bio› ist.» In der Schweiz darf also jeder Anbieter seinen Fisch mit dem Zusatz schmücken (siehe unten).
Daniel Andrey, Kantonschemiker der Urkantone, würde Bio-Fisch gerne kontrollieren: «Steht auf einem Fisch ‹bio›, können wir nichts beanstanden.» Er könne nur einschreiten, wenn Bio-Produzenten gegen die selbst auferlegten und deklarierten Richtlinien ihres Labels wie etwa Bio Suisse verstossen. «Dann handelt es sich um unzulässige täuschende Angaben», so Andrey.
Den Grund für die fehlenden gesetzlichen Bestimmungen für Bio-Fisch glaubt der Kantonschemiker zu kennen. In der Schweiz gebe es nur wenige Fischzuchten. Andrey: «Das Thema Fisch hat für die Landwirtschaft geringe wirtschaftliche Bedeutung, daher sieht das für die Bio-Verordnung zuständige Bundesamt wohl keinen Handlungsbedarf.» Aus Sicht der Konsumenten sei aber nicht einzusehen, weshalb ein Bio-Rüebli besser geschützt sein soll als Bio-Fisch – nur weil Fisch in der Schweiz keine Lobby hat.
Mit der Aufnahme von Fisch in die Bio-Verordnung müssten Produzenten ihre Betriebe und Fische zertifizieren lassen. Auch Produkte aus dem Ausland wären von unabhängiger Stelle zu überprüfen. Laut WWF hat der Schweizer Handel 2009 rund 24 Millionen Franken Umsatz mit Bio-Fisch gemacht. WWF-Projektleiterin Jennifer Zimmermann kritisiert: «Mit der zunehmenden Beliebtheit von Bio-Fisch besteht vor allem in der Gastronomie die Gefahr von Missbrauch.»
Das Gleiche gilt für den Detailhandel. Auf den Migros-Packungen von Forelle, Lachs und Crevetten klebt zwar das hauseigene Bio-Label, aber ohne entsprechende Richtlinien. Laut Sprecherin Olivia Luginbühl «anerkennt Migros die allgemeinen und artspezifischen Haltungsanforderungen zur Aquakultur» mehrerer Bio-Labels und neu auch die der EU-Verordnung. Keine Antwort gab es auf die Frage, ob Migros auch Bio-Fisch verkauft, der nach keiner dieser Anforderungen gelebt hat.
Coop rührt für Bio-Fisch kräftig die Werbetrommel. Bei Fischen aus nachhaltiger Produktion sei man «weltweit führend» und biete das grösste Sortiment an Bio-Fisch. Laut Sprecherin Denise Stadler hat jeder vierte Zuchtfisch Bio-Qualität. Die Kunden greifen zu: Rund 1000 Tonnen Bio-Fisch gingen letztes Jahr über die Theken – alle nach den Richtlinien von Bio Suisse produziert, wie Stadler angibt.
Fische sind keine Nutztiere
Greenpeace verfolgt das wachsende Sortiment von Bio-Fisch kritisch. Gemäss Bruno Heinzer, Fisch-Experte bei Greenpeace, «tauchen mehr und mehr Importe mit Bio-Labels auf». Es sei aber fragwürdig, «wandernde und wilde Raubfische wie Lachs und Forelle in Becken einzusperren und mit künstlich erzeugtem Futter zu mästen». Im Unterschied zu Nutztieren handle es sich bei Fischen um wilde Tiere.
Richtlinien: Das unterscheidet Bio- von konventionellem Zuchtfisch
«Bio» darf auf jedem Fisch stehen – in der Schweiz gibt es keine Gesetzesbestimmungen dazu. Wo «Bio Suisse» steht, müssen aber diese Kriterien erfüllt sein:
- Zucht: Zugekaufte Jungfische und Eier nur von Bio-Betrieben, entweder im Inland oder in direkten Nachbarländern produziert. Keine Wachstumsförderer oder Hormone.
- Anlage: Tägliche Betreuung der Tiere. Die Anlage darf nur Bio-Fische beherbergen und muss gegen das Einwandern von Fremdfischen gesichert sein, vor allem bei nicht heimischen Fischarten. Sie muss Rückzugsmöglichkeiten und Unterstände bieten sowie ein artgerechtes Verhalten begünstigen.
- Futter: Bio-Knospe-zertifiziertes Futter, Fischmehl und Fischöl aus Abfällen der Speisefischindustrie oder aus nachweislich nachhaltiger Fischereiwirtschaft.
- Hygiene und Gesundheit: Mittel für die Desinfektion von Behältnissen und Geräten sowie zur Behandlung der Fische sind reglementiert.
- Haltung: Artspezifische Vorschriften für Besatzdichte und Mindesthaltungsdauer. Beispiel: Lachse 10 Kilogramm pro Kubikmeter (kg/m2), Forellen bis zu 30 kg/m2. Mindesthaltungsdauer 18 Monate.
- Transport: Maximale Dauer 10 Stunden. Maximale Dichte von 1 kg Fisch auf 5 Liter Wasser, bei einer Transportdauer von über 2 Stunden 1 kg Fisch auf 8 Liter Wasser. Flugverbot.
- Tötung: Unverzüglich nach der Entnahme aus dem Wasser. Erstickenlassen ist verboten.
- Kontrolle: Betriebe führen ein Fischjournal, welches sie bei Kontrollen vorlegen müssen. Mindestens ein Mal pro Jahr Kontrolle durch unabhängige Kontrollstelle. «Bio» darf auf jedem Fisch stehen – in der Schweiz gibt es keine Gesetzesbestimmungen dazu. Wo «Bio Suisse» steht, müssen aber diese Kriterien erfüllt sein:
- Zucht: Zugekaufte Jungfische und Eier nur von Bio-Betrieben, entweder im Inland oder in direkten Nachbarländern produziert. Keine Wachstumsförderer oder Hormone.
- Anlage: Tägliche Betreuung der Tiere. Die Anlage darf nur Bio-Fische beherbergen und muss gegen das Einwandern von Fremdfischen gesichert sein, vor allem bei nicht heimischen Fischarten. Sie muss Rückzugsmöglichkeiten und Unterstände bieten sowie ein artgerechtes Verhalten begünstigen.
- Futter: Bio-Knospe-zertifiziertes Futter, Fischmehl und Fischöl aus Abfällen der Speisefischindustrie oder aus nachweislich nachhaltiger Fischereiwirtschaft.
- Hygiene und Gesundheit: Mittel für die Desinfektion von Behältnissen und Geräten sowie zur Behandlung der Fische sind reglementiert.
- Haltung: Artspezifische Vorschriften für Besatzdichte und Mindesthaltungsdauer. Beispiel: Lachse 10 Kilogramm pro Kubikmeter (kg/m2), Forellen bis zu 30 kg/m2. Mindesthaltungsdauer 18 Monate.
- Transport: Maximale Dauer 10 Stunden. Maximale Dichte von 1 kg Fisch auf 5 Liter Wasser, bei einer Transportdauer von über 2 Stunden 1 kg Fisch auf 8 Liter Wasser. Flugverbot.
- Tötung: Unverzüglich nach der Entnahme aus dem Wasser. Erstickenlassen ist verboten.
- Kontrolle: Betriebe führen ein Fischjournal, welches sie bei Kontrollen vorlegen müssen. Mindestens ein Mal pro Jahr Kontrolle durch unabhängige Kontrollstelle.