Bundesrat Ueli Maurer hat für das Jahr 2018 ein Plus von 300 Millionen Franken budgetiert. Unter dem Strich resultierte aber ein Überschuss von fast 3 Milliarden Franken. Ohne die nicht vorgesehenen Rückstellungen bei der Verrechnungssteuer wären es sogar 5,2 Milliarden gewesen. Das ist rund das Siebzehnfache des prognostizierten Überschusses.
Ein ähnliches Bild wie bei der Bundesrechnung zeigte sich im vergangenen Jahr bei vielen Kantonen, die bis Ende März ihre Jahresabschlüsse veröffentlichten. Auch sie beurteilen ihre finanzielle Lage im Voraus durchwegs viel zu negativ. Die Steuerzahler liefern dem Bund und den Kantonen mehr Geld ab als tatsächlich nötig. Einige Beispiele:
Kanton Zug: Er wies 2018 einen Überschuss von 149,2 Millionen Franken aus – statt eines veranlagten Ertragsüberschusses von 1,7 Millionen. In den letzten 14 Jahren hat der Kanton immer negativer budgetiert, als die Rechnung dann tatsächlich ausfiel. Unter dem Strich hat sich der Kanton in den letzten 14 Jahren um gut 1 Milliarde verrechnet.
Kanton Zürich: Finanzdirektor Ernst Stocker freut sich über einen Gewinn von 550 Millionen Franken fürs Jahr 2018 – budgetiert hatte er ein Plus von 54 Millionen. Bereits 2017 wies Zürich einen Ertragsüberschuss von 367 Millionen aus. Damit fiel die Rechnung gemessen am Budget mitsamt Nachtragskrediten um 381 Millionen besser aus als erwartet.
Kanton St. Gallen: Der Ertragsüberschuss betrug im vergangenen Jahr 195,9 Millionen Franken – budgetiert war ein ausgeglichenes Ergebnis. Auch 2017 fiel die Rechnung mit 134,9 Millionen Franken besser aus als im Budget vorgesehen.
Kanton Graubünden: In der Jahresrechnung 2018 steht ein Ertragsüberschuss von 105 Millionen Franken – ausgegangen war man von einem Defizit von 33 Millionen. Im Vorjahr belief sich der Überschuss auf 78 Millionen. Damals war ein Defizit von 29 Millionen eingeplant.
Kanton Luzern: Die Erfolgsrechnung für das vergangene Jahr schloss mit einem Ertragsüberschuss von 67,5 Millionen Franken ab – fast 119 Millionen Franken besser als budgetiert. Auch 2017 schloss der Kanton besser ab als vorgesehen.
Kanton Schaffhausen: Im vergangenen Jahr resultierte ein Gewinn von 43,8 Millionen Franken. Prognostiziert wurde ein Aufwandüberschuss von 1,1 Millionen. Im Jahr zuvor schloss die Rechnung mit einem Plus von gut 36 Millionen Franken ab. Budgetiert war ein Minus von 4 Millionen.
Kanton Thurgau: Statt eines budgetierten Überschusses von 2,1 Millionen Franken blieben im vergangenen Jahr 38,7 Millionen in der Staatskasse übrig. Schon im Jahr zuvor klingelte die Kasse: Knapp 18 Millionen Franken betrug der Überschuss – das waren 9,8 Millionen mehr als budgetiert.
Kanton Basel-Stadt: Die kantonalen Finanzen sind tiefschwarz: 2018 resultierte ein Plus von 283 Millionen Franken. Das entspricht 150 Millionen Franken mehr als budgetiert. Im Jahr zuvor erzielte der Kanton einen Überschuss von 251 Millionen – 108 Millionen mehr als geplant.
Kanton Aargau: Die Rechnung 2018 schloss mit einem Überschuss von 327 Millionen Franken ab. «Der Regierungsrat hatte eine schwarze Null budgetiert», so Regierungssprecher Peter Buri. 2017 betrug der Überschuss 119 Millionen – gerechnet wurde auch damals bloss mit einem ausgeglichenen Haushalt.
Fehlprognosen in den Budgets seit Jahrzehnten
Die Schwarzmalerei hat System. Allein von 2001 bis 2010 lag der Überschuss aller Kantone gemäss Zahlen der Finanzdirektorenkonferenz 22,5 Milliarden Franken höher als prognostiziert (saldo 9/2011). Spitzenreiter war 2010 der Kanton Zürich. Anstelle eines Verlusts von 525 Millionen Franken resultierte ein Überschuss von 598 Millionen. Das ergibt eine Differenz zwischen dem Budget und der Rechnung von mehr als 1 Milliarde Franken.
Meist werden die Mehreinnahmen mit «eiserner Kostendisziplin», «unerwarteten Mehreinnahmen bei den Steuern» oder «Sondereffekten» gerechtfertigt. Marius Brülhart, Professor für Volkswirtschaft an der Universität Lausanne, sieht einen anderen, ganz einfachen Grund für die durchwegs zu pessimistische Budgetierung: «Finanzminister kündigen lieber positive Überraschungen an als negative.»