Jacira Pereira dos Santos, genannt Jaci, lebt in der Millionenstadt Salvador da Bahia im Nordosten Brasiliens. Die 42-Jährige bekam mit 17 ihre erste Tochter Natiele (heute 25), zwei Jahre später folgte Fernanda (23). Aus zweiter Ehe stammen Beatriz (14) und Artur (12). Jaciras älteste Tochter Natiele folgte dem Beispiel der Mutter und bekam ihren Sohn Guilherme ebenfalls mit 17. Die sechs- köpfige Familie lebt in einem gemieteten Zwei-Zimmer-Häuschen am Stadtrand. Der Vater der jüngeren Kinder wohnt gleich gegenüber, sodass sie nach Belieben vom einen zum anderen Haus wechseln können.

Jacira verdient ihren Lebensunterhalt als Haushaltshilfe. Ihre Arbeitgeber sind sechs verschiedene Familien. Tochter Natiele hat den gleichen Job. Sie ist fest angestellt, verdient aber nur halb so viel wie ihre Mutter.

Finanzielle Situation:

  • Haushaltseinkommen: 650 Franken pro Monat
  • Kosten fürs Wohnen: 90 Franken für die Miete, 8 Franken Strom und Wasser pro Monat
  • Krankenversicherung: In Brasilien ist die Gesundheitsversorgung kostenlos
  • Steuern pro Jahr: Keine, das Einkommen liegt unter der ­Besteuerungsgrenze

Sind Sie mit der Wohnsituation zufrieden?

Jacira: Ich fühle mich fast wie auf einer Farm. Ich habe einen kleinen Garten, wo ich meine Blumen pflanzen kann. Und vor dem Haus stehen zwei Kokospalmen.

Was gibt es heute zum Abendessen?

Maniokpfannkuchen mit Kochbananen und Süsskartoffeln. Dazu trinke ich Kaffee und die Kinder frisch gepressten Mangosaft.

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

Jacira: Ich fand meine Arbeitgeberin über meinen damaligen Schwager. Ich arbeite bis heute für die Frau – und sie empfahl mich weiteren Familien.

Wie lange ist Ihr Arbeitsweg?

Jacira: Ich fahre zuerst mit dem Bus, dann mit der Metro und dann nochmals mit dem Bus. Mein Arbeitsweg dauert eine Stunde und 40 Minuten.

Wie lange dauert Ihr Arbeitstag?

Neun Stunden pro Tag, fünf Tage in der Woche. Meistens arbeite ich durch und mache keine Mittagspause.

Wo verbrachten Sie Ihre letzten Ferien?

Ferien? Ich bin selten auf Reisen. Maximal nehme ich eine Woche frei, um zu meiner Mutter aufs Land zu fahren. Sie lebt 300 Kilometer südlich von Salvador. Dort gehe ich angeln, helfe bei der Kakaoernte mit oder lege mich einfach nur in die Hängematte.

Welchen Luxus leisten Sie sich?

Einmal pro Monat besuche ich mein Lieblingsrestaurant und esse dort Meeres-früchte. Manchmal gehe ich mit den Kindern ins Shoppingcenter. Dort dürfen sie alle Esswaren kaufen, auf die sie Lust haben.

Wie hat die Coronapandemie Ihr Leben verändert?

Bevor man sich impfen lassen konnte, bat mich eine ältere Kundin, zu Hause zu bleiben. Sie bezahlte mich trotzdem weiter – aber es war mir unangenehm, fürs Nichtstun Geld zu bekommen. Seit sie geimpft ist, kann ich dort wieder arbeiten.