Der Handwerker arbeitete seit 27 Jahren für eine kleine Sanitärfirma im Aargau. Zuletzt verdiente er als Mitarbeiter in der Produktion monatlich 5900 Franken. Im September 2016 erhielt er die Kündigung, angeblich aus wirtschaftlichen Gründen. Der 60-Jährige ist überzeugt, dass ihm sein Chef kündigte, weil er krank war und danach seine Ferien beziehen wollte. Er hält die Kündigung für missbräuchlich.
Der Entlassene steht vor den fünf Richtern des Bezirksgerichts Zofingen AG dem Geschäftsführer der Sanitärfirma gegenüber. Beide sind ohne Anwalt erschienen. Der langjährige Angestellte begründet seine Klage auf eine Entschädigung von 22 000 Franken. Seit 1989 habe er in diesem Unternehmen gearbeitet. «Ich war dafür zuständig, in Sanitärbecken Löcher für den Ablauf zu bohren.» Dafür habe er die Waschbecken hochheben müssen. «Die Becken waren schwer, sie wogen zwischen 28 und 62 Kilogramm.» Im Lauf des Jahres 2016 habe die rechte Schulter immer stärker geschmerzt. Im Juni sei er operiert worden. «Der Arzt stellte mir ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis für schwere Arbeiten bis Ende September aus.»
«Kündigung als Reaktion auf Ferienwunsch missbräuchlich»
Ab dem 12. September sei er aber dennoch wieder zur Arbeit gegangen. «Mein Chef sagte mir, ich müsse kommen, er brauche mich. Sonst würde er mir kündigen. Also machte ich wieder die gleiche schwere Arbeit.» Am 22. September teilte er seinem Chef mit, dass er eine Woche Ferien nehmen wolle. Sein Vorgesetzter kündigte ihm noch am selben Tag. Der Arbeiter fühlt sich ausgenutzt. «Es hiess, ich werde gebraucht. Deshalb ging ich trotz Arbeitsunfähigkeitszeugnis wieder arbeiten. Und dann kündigt man mir plötzlich.»
Der Geschäftsführer widerspricht. Er habe den Arbeiter nie dazu gezwungen, wieder zur Arbeit zu kommen. «Das war vielmehr der Wunsch des Klägers.» Die Arbeit mit den Sanitärbecken sei die einzige Arbeit im Betrieb gewesen, die nicht ans Förderband gebunden war und bei der die Arbeiter das Arbeitstempo selbst bestimmen konnten. Der Mann habe die Becken nicht selbst hochheben müssen, sondern dazu Maschinen benutzen können. Die Kündigung habe er aber tatsächlich ausgesprochen, nachdem der Angestellte eine Woche Ferien beantragte. «Sie erfolgte aber wegen der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens.» Anfang 2017 hätte die Produktion eingestellt werden müssen. Im Januar kündigten wir vier weiteren langjährigen Mitarbeitern.» Auch diese hätten keine Entschädigung erhalten. Daher stehe dem Kläger ebenfalls kein Geld zu.
Das Gericht spricht dem Kläger eine Entschädigung von 10 000 Franken zu. Das entspricht knapp zwei Monatslöhnen. «Die Art und Weise, wie die Kündigung ausgesprochen wurde, war nicht in Ordnung», sagt der Gerichtspräsident. Der Kläger habe 27 Jahre im Betrieb gearbeitet und sei zum Kündigungszeitpunkt 58 Jahre alt gewesen. «Der Arbeitgeber wäre zu erhöhter Loyalität verpflichtet gewesen.» Die Kündigung sei missbräuchlich, da sie als Reaktion auf den Ferienwunsch erfolgte. Zudem sei zum Zeitpunkt der Kündigung noch gar nicht klar gewesen, dass wegen der wirtschaftlichen Lage Stellen abgebaut werden müssten.
Bis zu sechs Monatslöhne Entschädigung
Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses muss auf Verlangen begründet werden. Das hat einen Sinn: Sind die Gründe missbräuchlich, bleibt die Kündigung zwar gültig. Der Entlassene hat aber eine Entschädigung von maximal sechs Monatslöhnen zugut. Voraussetzung: Der Gekündigte muss vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Arbeitgeber Einsprache gegen die Kündigung einreichen. Dann muss er innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Schlichtungsbehörde klagen. Eine Kündigung ist insbesondere dann missbräuchlich, wenn jemand wegen einer persönlichen Eigenschaft entlassen wird, wie seinem Alter, seinem Geschlecht, oder weil er Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht. Auch die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft darf kein Kündigungsgrund sein.