Rund 2 Milliarden Franken im Jahr geben Schweizer Bauern zu viel für agrarische Hilfsmittel wie Dünger, Saatgut oder Setzlinge aus. Diesen Schluss zieht das Bundesamt für Landwirtschaft aus einer neuen Studie. Das Forschungsinstitut BAK Basel fand im Auftrag des Bundes heraus, dass die Schweizer Einkaufspreise von sogenannten Vorleistungen für Landwirte im Schnitt 32 Prozent höher sind als in den Nachbarländern Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich. So sind Dünger hier 31 Prozent teurer, Pflanzenschutzmittel 30 Prozent, Agrarmaschinen 26 Prozent. Bei Saatgut und Setzlingen beträgt der Aufpreis gegenüber Deutschland 47 Prozent. Tierarzneien kosten laut einer Studie des Preisüberwachers 70 Prozent mehr. Futtermittel sind 41 Prozent teurer.
Die Ausgaben für Futtermittel machen 39 Prozent der Beschaffungskosten der Bauern aus.
Hohe Importzölle und spezielle Normen als Preistreiber
Die Studie zeigt, dass die überrissenen Preise hausgemacht sind. Denn die Agrarhilfsmittel sind am Zoll im Durchschnitt nur 2 Prozent teurer als in den Nachbarländern. Das heisst: Die Preisaufschläge entstehen in der Schweiz. Hauptpreistreiber sind laut der BAK-Studie:
- Importzölle für gewisse Futtermittel und Saatgutsorten. Beispiel: Die Einfuhr von 100 Kilogramm Saatkartoffeln kostet 44 Franken Zoll.
- Schweizer Normen, etwa für Inhaltsstoffe oder Beschriftung: Viele Importeure von Tierarzneien oder Pestiziden müssen Importbewilligungen einholen oder Verpackungen neu etikettieren. Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft erhöhen «technische Handelshemmnisse» den Preis eines Produkts um mindestens 10 Prozent.
- Käufervorlieben: Schweizer Landwirte kaufen mehr gentechfreien Sojaschrot sowie mehr Traktoren und Erntemaschinen als EU-Kollegen. Und sie lassen sich Dünger in Säcken statt lose liefern. Das alles kostet extra.
Die Studie stellt aber auch klar: Zölle, Vorschriften und Qualitätsunterschiede erklären die happigen Preisaufschläge bei Futter, Pflanzenschutzmitteln und Tierarzneien nur teilweise. Bei vielen Saatgutsorten, Düngern oder Pestiziden sind staatliche Auflagen und Zölle in den letzten Jahren weggefallen. Trotzdem kosten sie in der Schweiz mehr. Ein Beispiel: Sojaschrot war 2011 in der Schweiz 30 Prozent teurer als ennet der Grenze.
Agrokonzern Fenaco beherrscht den Schweizer Markt
Die hohen Preise gehen auf Kosten der Konsumenten: Sie zahlen in der Schweiz für gleiche Waren und Dienstleistungen rund 60 Prozent mehr als im Durchschnitt der 28 EU-Länder. Das zeigen Zahlen des europäischen Statistikamts Eurostat.
Laut der BAK-Studie liegt das vor allem an der «Marktmacht» von Konzernen wie der Fenaco. Sie beherrscht die Schweizer Landwirtschaft wie kein anderes Unternehmen (saldo 7/08). Der Fenaco gehören rund 80 Tochterfirmen wie die Landi oder der Futtermittelhändler UFA.
Nach Angaben des ehemaligen Preisüberwachers Rudolf Strahm aus dem Jahr 2009 liefert die Fenaco einheimischen Bauern 50 bis 60 Prozent der Saatkartoffeln, 70 bis 80 Prozent des Düngers sowie 50 bis 60 Prozent der Pflanzenschutzmittel. Für Andreas Bosshard von der Vision Landwirtschaft ist klar, dass die Fenaco «ihre Marktmacht bei Geschäften und Gegengeschäften zum Nachteil der Bauern nutzt». Das Firmenkonglomerat erzielte letztes Jahr über 6 Milliarden Franken Umsatz und 242 Millionen Franken Gewinn (vor Steuern).
Die Fenaco will sich nicht zu ihren Marktanteilen äussern. Sprecherin Alice Chalupny behauptet, dass der Konzern keine überhöhten Preise verlange, sondern «laufend daran arbeitet, die Preise für die Bauern zu senken». Sie ortet die Schuld bei hohen Zöllen, Schweizer Löhnen, Bodenpreisen und den kleinen Bauernbetrieben, die nur geringe Dünger- und Futtermengen kaufen würden und dafür mehr zahlten als Grossabnehmer.
Dabei verschweigt die Sprecherin, dass ihre Chefs stets für hohe Schutzzölle weibelten (saldo 7/08) und dass es in Österreich mehr Kleinbauern gibt als in der Schweiz. Die Hilfsmittel sind im Nachbarland trotzdem günstiger.
Kleinbauern: Kosten sparen durch bessere Zusammenarbeit
Auch Schweizer Bauern könnten gemäss der Studie Kosten sparen. Etwa indem sie sich besser über Preisunterschiede informieren oder direkt importieren. Martin Pidoux von der Hochschule für Agrarwissenschaften im bernischen Zollikofen empfiehlt mehr Zusammenarbeit. Gerade Bauern mit Kleinbetrieben könnten stark davon profitieren, wenn sie sich mit anderen zusammentun, um neue Ställe oder Maschinen gemeinsam zu nutzen und zu bezahlen.
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