Das Wohnungsschloss verklebt, das Waschverbot ignoriert, die Kinder beleidigt: Wegen solcher Vorwürfe landete ein Nachbarschaftsstreit in einem Miethaus zuerst bei der Hausverwaltung, dann vor Bezirksgericht Horgen ZH. Die Kläger: ein Rentnerehepaar, das seit knapp 13 Jahren in einer 3,5-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Richterswil ZH wohnt. Im Februar kündigte ihnen die Liegenschaftsverwaltung fristgerecht auf Ende September den Mietvertrag. Die Begründung: Das Rentnerpaar habe sich gegenüber den Nachbarn wiederholt rücksichtslos verhalten. Das Paar betrachtet die Kündigung als missbräuchlich und ficht sie vor Gericht an.
«Das Rentnerpaar konnte nicht mehr schlafen»
Die Anwältin der Rentner schildert ihre Mandanten dem Richter gegenüber als ruhige Mieter. Das Problem: Ihre Wohnung liege direkt über der Waschküche. Oft hätten einzelne Mieter am Sonntag und auch spätnachts gewaschen. «Durch den Lärm der Waschmaschine und des Tumblers fühlten sich die beiden stark gestört», erklärt die Anwältin. «Sie konnten nicht mehr schlafen.»
Gespräche mit den anderen Mietparteien hätten nichts gebracht. Das Paar habe sich deshalb bei der Verwaltung beschwert. Diese habe umgehend reagiert und ein Waschverbot für Sonn- und Feiertage und ab 22 Uhr erlassen.
Danach habe im Haus eine regelrechte «Hetzjagd» begonnen. Andere Mieter hätten das Paar verbal attackiert und schikaniert. So sei zum Beispiel das Wohnungstürschloss mit Heissleim verklebt worden. «Der Gipfel aber», fährt die Anwältin fort, «fast niemand hielt sich an das Waschverbot.» Das Rentnerpaar habe dies der Verwaltung mitgeteilt und als Antwort die Kündigung erhalten. «Das geht nicht!»
Der Anwalt der Hausverwaltung erzählt eine andere Geschichte. Das Waschverbot sei grösstenteils eingehalten worden. Aber viele Mieter sowie der Hauswart hätten sich bei der Verwaltung wiederholt über das rüpelhafte Benehmen der Kläger beschwert. Sogar Kinder seien mit Schimpfwörtern eingedeckt worden. «Die Verwaltung hat das Paar deswegen mehrfach angeschrieben. Doch genützt hat das nichts. Deshalb blieb nur die Kündigung.»
Das ältere Paar selbst ärgert sich vor Gericht über diese Darstellung. Es bestreitet die Vorwürfe vehement. «Die Nachbarn bilden einen Clan», sagt der Mann. «Sie haben es darauf abgesehen, uns aus dem Haus zu jagen.»
Die Vertreterin der Liegenschaftsverwaltung schüttelt den Kopf. Verschiedene Mieter hätten sich unabhängig voneinander über den Mann beschwert und sich bedroht gefühlt. Die Kündigung sei leider unumgänglich geworden.
Vergleich: Mietverhältnis wird zwei Jahre erstreckt
Nach einer halbstündigen Pause unterbreitet der Richter den Parteien einen Vergleich: Er schlägt vor, das Mietverhältnis einmal um zwei Jahre zu erstrecken. Finde das Paar vorher eine neue Wohnung, könnte es jederzeit ausziehen.
Nach kurzer Beratung mit ihren Anwälten akzeptieren die Parteien den Vorschlag. Richtig zufrieden scheinen beide nicht. Die Gerichtskosten von 1500 Franken werden hälftig geteilt. Die eigenen Anwaltskosten übernimmt jeder selbst.
Missbräuchliche Kündigung
Gegen eine missbräuchliche Kündigung können Sie sich wehren:
- Verlangen Sie vom Vermieter zuerst eine schriftliche Begründung.
- Anschliessend können Sie die Kündigung innerhalb von 30 Tagen seit Empfang bei der Schlichtungsstelle für Mietsachen anfechten.
- Wann aber ist eine Kündigung durch den Vermieter missbräuchlich? Einige häufige Beispiele:
- Der Vermieter kündigt, weil der Mieter zu Recht etwas verlangt – etwa die Reparatur der Waschmaschine.
- Der Vermieter kündigt, um einen neuen Vertrag abzuschliessen – etwa zu einem höheren Mietzins.
- Der Vermieter kündigt während eines Gerichtsverfahrens mit dem Mieter – und bis drei Jahre danach, wenn der Mieter zumindest teilweise obsiegt hat.