Die Suva warnt: «Vorsicht, Zecken!» Der «Tages-Anzeiger» weiss: «Ein Jahr der Blutsauger.» Die Zecken seien «früher unterwegs als sonst». Und der Impfstoffhersteller Pfizer schreibt im Internet: «Von Zecken übertragene Infektionskrankheiten können gefährlich werden.»
Auch das Bundesamt für Gesundheit ist in Alarmbereitschaft. Es hat seine Zecken-Impfempfehlung überarbeitet. Danach solle man bereits Kinder ab drei Jahren impfen lassen. Sind Zecken wirklich so gefährlich wie oft behauptet?
saldo überprüfte acht verbreitete Behauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt:
Sind alle Zecken Krankheitsträger?
Nein. Nur etwa 5 von 1000 Zecken in Risikogebieten sind mit dem FSME-Virus infiziert. FSME steht für die Krankheit Frühsommer-Meningoenzephalitis, eine Entzündung der Hirnhäute. Anders bei dem Borreliose-Bakterium: Diesen Krankheitserreger tragen laut Bundesamt 300 von 1000 Zecken in sich, in gewissen Gebieten sogar 500.
Schützt die Impfung vor allen Zeckenkrankheiten?
Nein, die Impfung schützt nur vor dem FSME-Virus – nicht aber vor Borreliose. Eine Borreliose erkennt man an der entzündeten Haut rund um die Einstichstelle. Entdeckt man die Krankheit rechtzeitig, dann ist sie gut mit Antibiotika behandelbar.
Bietet die Zeckenimpfung einen wirksamen Schutz?
Ja. Wer sich gemäss dem Impfschema innerhalb eines Jahres drei Mal impfen lässt, verfügt über einen ungefähr 95-prozentigen Schutz gegen das FSME-Virus. Wer sich jetzt im Sommer noch mit dem Schnellschema zwei Mal impfen lassen will, hat noch einen 87-prozentigen Schutz.
Sollten sich alle impfen lassen?
Nein, nur wer sich bei der Arbeit oder in der Freizeit oft im Wald aufhält: etwa Förster, Bauern oder Orientierungsläufer. Wer sich nur in der Stadt bewegt, braucht keine Impfung. Wichtig ist, dass man sich auch in Parks gut schützt.
Führt das FSME-Virus immer zu einer Hirnhautentzündung?
Nein, nur sehr selten. Aufgrund der Zahlen des Bundesamts für Gesundheit lässt sich berechnen: Von 100'000 gestochenen Menschen infizieren sich rund 3000 mit dem FSME-Virus. Von diesen haben 2100 keine Beschwerden. Etwa 300 bis 900 Infizierte bekommen eine Art Sommergrippe. Die Beschwerden sind nach einigen Tagen vorbei, und die Krankheit ist meist überstanden. Nur 30 bis 135 davon erkranken kurz darauf nochmals – und dann schwer. In diesen Fällen kommt es zu einer Entzündung des Gehirns, der Hirnhaut oder des Rückenmarks.
Verläuft eine FSME-Infektion tödlich?
Nur selten. Im letzten Jahr gab es laut Bundesamt für Gesundheit 298 gemeldete FSME-Fälle, bei denen das zentrale Nervensystem betroffen war. Von ihnen stirbt etwa einer von hundert Patienten, wie das deutsche Robert-Koch-Institut schreibt. Das heisst: In der Schweiz starben letztes Jahr rund drei Personen an den Folgen einer FSME-Infektion.
Sind Kinder besonders gefährdet?
Nein, schwere Krankheitsverläufe gibt es meistens bei Erwachsenen. Eine FSME-Krankheit verläuft bei Kindern oft leichter als bei Erwachsenen. Das Bundesamt rät in seinen kürzlich angepassten Empfehlungen zur Impfung gegen FSME dennoch, dass Eltern bereits Dreijährige impfen lassen. Als Grund stützt sich der Bund auf mündliche Nachbefragungen bei Eltern. In Apotheken ist der Fall klar: Sie impfen keine Kinder.
Kommen Zecken überall vor?
Nein. In Gebieten über 1500 Meter über Meer wie dem Engadin riskiert man kaum einen Zeckenstich. In der Westschweiz gibt es wenige Zecken. Dafür findet man in der Deutschschweiz wie dem Emmental oder im Toggenburg viele. In beliebten Ferienländern wie etwa Italien, Frankreich oder Griechenland ist das Risiko sehr klein, von einer Zecke gestochen zu werden. In Spanien, Portugal, England oder den Niederlanden besteht gar kein Risiko.
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So schützt man sich am besten
- Wenn Sie in die Natur gehen, wählen Sie breite Wege. Vermeiden Sie Kontakt mit Gras, Gebüschen und Sträuchern. Auch in Gärten oder Stadtparks gibt es Zecken.
- Tragen Sie ein langärmeliges Oberteil und eine lange Hose. Ziehen Sie die Socken am besten über die Hosenbeine.
- Falls es zu heiss ist für lange Kleider: Benutzen Sie ein Zeckenschutzmittel für Haut und Kleider. Ein Test des «Gesundheitstipp» zeigte: Zwei Sprays schlagen alle Zecken in die Flucht («Gesundheitstipp» 5/2021).
- Suchen Sie am Abend den ganzen Körper und die Kleider nach Zecken ab – vor allem Achseln und Ellbogenbeugen. J Entfernen Sie nach einem Stich die Zecke direkt über der Haut mit einer Pinzette, einer Zeckenzange oder Zeckenkarte. Das Tier sollte senkrecht zur Hautoberfläche herausgezogen werden. Desinfizieren Sie danach die Einstichstelle.