Die Stimmung im Verhandlungssaal des Bezirksgerichts Frauenfeld TG ist frostig. Punkt für Punkt listet der Anwalt des Klägers auf, weshalb ihm seine Ex-Freundin Fr. 14 696.15 bezahlen soll. Nach eineinhalb Jahren Konkubinat sind höchst unterschiedliche Posten zusammengekommen: nicht bezahlte Mietanteile, ein Darlehen für die Steuern, Barbezüge mit der Bankkarte sowie die Hälfte für Strom, Wasser und Hausratversicherung. Das Tüpfchen aufs i sind 168 Franken. So viel schoss der 32-Jährige der gleichaltrigen Frau einst für den Kauf eines Dirndls vor.
Ist es ein Rachefeldzug? Sozusagen die Vergeltung dafür, dass die Beziehung in die Brüche ging und die 32-Jährige vor einem Jahr aus der gemeinsamen Wohnung auszog? Das jedenfalls versucht der Anwalt der jungen Frau zu suggerieren. Seine Mandantin sei «erschüttert», dass der Kläger im Nachhinein so viel Geld fordere. Stets habe sie ihren Mietanteil von 1500 Franken pro Monat bezahlt. Der Anwalt spricht von einer «völlig willkürlichen Geschichte». Trotz Chatprotokollen, Kontoauszügen und Quittungen bleibe «ein vollkommenes Rätsel», wie er auf diesen Betrag komme.
Er zahlte mehr, sie übernahm mehr Haushaltarbeiten
Die Einzelrichterin beginnt, den Knäuel zu entwirren. Sie befragt die beiden. Klar wird, dass sie kurz nach dem Kennenlernen zusammenzogen. In Frauenfeld fand das frischverliebte Paar eine 5,5-Zimmer-Wohnung. Mit 3700 Franken Mietzins entpuppte sich das Traumdomizil zwar nicht als besonders günstig, zumal die Frau im Monat nur 3800 Franken verdiente. «Doch die Wohnung war wunderschön. Wir wollten sie unbedingt», schildert der Kläger. Dank seinem drei Mal höheren Lohn war die Miete kein Hindernis. Man einigte sich, dass er 2200 Franken bezahlt und sie 1500 Franken. Im Gegenzug sollte sie im Haushalt mehr tun und auch die Wäsche besorgen, «inklusive Bügeln», wie der Mann anfügt.
Das ging ein halbes Jahr lang gut. Eines Tages aber stellte der Mann fest, dass jemand mit seiner Kreditkarte 2700 Franken Bargeld bezogen hatte. Die Freundin habe ihm darauf gebeichtet, sie habe das Geld für ein krankes Kind von Verwandten in Rumänien gebraucht. Ein halbes Jahr später fehlten wieder über 2000 Franken auf seinem Konto. Darauf kam es zur Trennung. Die Frau zog aus. Nun will der Mann finanziell reinen Tisch machen. Nebst den Barbezügen entfällt der grösste Teil seiner Forderung mit 3250 Franken auf angeblich nicht geleistete Haushaltarbeiten.
Doch davon will die junge Frau nichts wissen. In Pullover, enger Hose und Markenturnschuhen wirkt sie viel lockerer als ihr Ex-Freund. Sie habe den vereinbarten Teil der Arbeiten gemacht, sagt sie. Und es sei «nie die Rede davon gewesen», dass sie die Hälfte der Kosten für Strom, Wasser, Hausratversicherung und Nachmietersuche übernehmen müsse. Die Bargeldbezüge bestreitet sie nicht. Den Code habe sie gekannt, weil ihr der Ex-Freund die Karte manchmal für kleinere Einkäufe gegeben habe. 1000 Franken habe sie für «eine Familienangelegenheit» gebraucht. Und sie sei shoppen gegangen. «Ich wollte mir halt auch mal etwas kaufen.»
Die Richterin schlägt einen Vergleich vor. Mit Erfolg: Die Frau verpflichtet sich, in 22 Monatsraten total 7790 Franken abzustottern. Der Betrag umfasst die Bargeldbezüge, eine offene Monatsmiete von 1500 Franken, 100 Franken für den unbezahlten Rest des Darlehens für die Steuern, 168 Franken für das Dirndl und die Hälfte der Gerichts- und Friedensrichterkosten. Nicht enthalten ist die Nachforderung von 3250 Franken wegen nicht erbrachter Arbeit im Haushalt. Dafür fehlte der Nachweis. Auch den geforderten Anteil an den Rechnungen für Strom, Wasser und Hausratversicherung muss sie nicht bezahlen. Das Paar habe es versäumt, die Aufteilung der Kosten klar zu vereinbaren.
Vertrag für das Konkubinat
Das Konkubinat ist – im Gegensatz zur Ehe -– nicht im Gesetz geregelt. Deshalb empfiehlt es sich, wichtige Vereinbarungen in einem Konkubinatsvertrag schriftlich festzuhalten und diesen zu unterzeichnen. Das lohnt sich vor allem dann, wenn die finanziellen Möglichkeiten sehr unterschiedlich sind. Bei einer Trennung oder wenn ein Partner plötzlich stirbt, lassen sich so mühsame Diskussionen vermeiden. In den Vertrag gehört zum Beispiel eine Liste, welcher Hausrat wem gehört. Und wie die Wohnkosten aufgeteilt werden, ob Hausarbeiten zu entschädigen sind und wer wie viel in die Haushaltskasse zahlt.