Etikettenschwindel bei Neuwagen
Garagisten bieten in Inseraten neue Autos an. Tatsächlich wurden viele Wagen aber vor mehr als zwei Jahren hergestellt.
Inhalt
- Neuwagen: Auf diese Punkte sollte man achten
saldo 04/2022
01.03.2022
Letzte Aktualisierung:
10.03.2022
Darko Cetojevic
Neuwagen», «Fahrzeugdaten: Neu», «Fahrzeugzustand: Neues Fahrzeug»: Drei Mal warb die Amag-Garage in Cham ZG auf Autoscout.ch mit dem Wort «neu» für ein Seat-Modell Leon ST 1.5 eTSI FR. saldo fragte nach, wie alt das Anfang Februar angepriesene Auto tatsächlich war. Gemäss Garage wurde das Auto am 23. Dezember 2021 produziert. Es soll also nur knapp zwei Monate alt gewesen sein....
Neuwagen», «Fahrzeugdaten: Neu», «Fahrzeugzustand: Neues Fahrzeug»: Drei Mal warb die Amag-Garage in Cham ZG auf Autoscout.ch mit dem Wort «neu» für ein Seat-Modell Leon ST 1.5 eTSI FR. saldo fragte nach, wie alt das Anfang Februar angepriesene Auto tatsächlich war. Gemäss Garage wurde das Auto am 23. Dezember 2021 produziert. Es soll also nur knapp zwei Monate alt gewesen sein. saldo fand heraus: Das tatsächliche Herstellungsdatum war der 7. September 2020. Der Seat war also knapp eineinhalb Jahre alt. Das ergab eine Überprüfung der Fahrzeugidentifikationsnummer genannt. Mit ihrer Hilfe lässt sich das Datum herausfinden, an dem ein Neuwagen das Werk verliess.
Stichprobe: 20 von 80 Neuwagen älter als ein Jahr
Der TCS und der deutsche ADAC warnen: Bei Autos, die lange herumstehen, kann es zu Rost an Bremsen, porösen Dichtungen oder Batterieproblemen kommen. Das gilt vor allem für Autos, die unter freiem Himmel parkiert werden. Schon ein paar Wochen ohne Benutzung können zu Standschäden führen, schreibt die deutsche Prüforganisation TÜV Nord. Laut dem Ex-Rechtsprofessor Heinrich Honsell ist es unzulässig, ein Auto als «neu» oder «fabrikneu» zu bezeichnen, wenn sein Produktionsdatum länger als ein Jahr zurückliegt.
Der Seat Leon der Amag-Garage in Cham ist kein Einzelfall. saldo prüfte in der ersten Februarhälfte rund 80 Inserate auf Autoscout.ch. Resultat: 20 angeblich neue Autos waren vor einem Jahr oder vor noch längerer Zeit hergestellt worden. Beispiele:
- Zwei als «neu» bezeichnete Hyundai-i30-Modelle der Garage Solero aus Fehraltorf ZH waren zweieinhalb Jahre alt. Laut Fahrzeugidentifikationsnummer wurde der 1.4 T-GDi am 12. September 2019 und der Fastback N 2.0 GDi am 18. September 2019 produziert. Dem interessierten Käufer des 1.4 T-GDi teilte der Garagist mit, die Angaben seien veraltet. Daraufhin änderte er das Inserat auf «Vorführwagen» und das Produktionsdatum – wieder falsch – auf «01.2020». Beim Fastback-N-Modell beliess er die Bezeichnung «neu».
- Die Forster Automobile-Carosserie AG in Stäfa ZH bezeichnete einen Seat Ateca 2.0 TSI als «neu». Auf die Frage nach dem Produktionsdatum schrieb ein Mitarbeiter: «Leider kann ich das erst bei Kaufinteresse aushändigen – aus Datenschutzgründen.» Der Seat Ateca war bereits 15 Monate alt.
- Ebenfalls als «neu» schrieb die Lindengut-Garage AG in Wil SG einen Polo 1.0 TSI aus. Auf Anfrage schickte die Garage eine Offerte, in der als Datum nur die erste Inverkehrsetzung angegeben wurde – der 5. November 2021. Später änderte die Garage das Produktionsdatum auf «11.2021». Auch das war falsch: Das Auto war am 19. September 2020 produziert worden.
Positiv: Einige Händler räumten auf Nachfrage ein, dass das Auto schon vor längerer Zeit produziert worden war. So schickte etwa die Garage Lerch AG in Rothrist AG einen Auszug der Fahrzeugidentifikationsnummer mit dem richtigen Produktionsdatum vom 26. Oktober 2020. Andere Garagen wie Autoshow Aathal in Aathal ZH, Autodiscount in Uster ZH, Trachsel AG in Frutigen BE oder die Stadt-Garage Rimini AG in Winterthur gaben das korrekte Herstellungsdatum an.
Neuwagen: Auf diese Punkte sollte man achten
- Jedes Auto hat eine eigene Fahrzeugidentifikationsnummer, die sogenannte FIN oder englisch VIN (Vehicle Identification Number). Sie besteht aus 17 Buchstaben und Zahlen. Die FIN findet sich im Fahrzeugausweis und in der Regel auch unten links auf der Frontscheibe eines Autos. Viele Händler decken sie im Laden aber ab. Achtung: Händler publizieren in ihren Inseraten oft die Wagennummer oder den Typenschein. Das hat nichts mit der FIN zu tun. Garagisten und Importeure können die FIN mit internen Systemen entschlüsseln und das Produktionsdatum eines Fahrzeugs abrufen. Kaufinteressenten sind also auf den Garagisten angewiesen, wenn sie das Alter eines Autos herausfinden wollen.
- Wer sich für ein Auto des Volkswagen-Konzerns interessiert, findet das Produktionsjahr mit Hilfe der FIN gratis unter Aquacar.ch -> Auto-Lebenslauf (ganz unten auf der Website).
- Wer keine FIN hat, kann Hinweise auf das Produktionsdatum an Bauteilen im Motorraum finden, im Innenraum oder im Kofferraum unter dem Bodenbelag. Auch die Gurte oder die Fensterscheiben sind oft mit dem Herstellungsdatum versehen.
- Falls ein Händler die Autodaten nicht bekanntgeben will und man das Alter nicht anderweitig herausfinden kann, sollte man auf einen Kauf verzichten.