Parmaschinken besteht aus Schweinefleisch, das mit Salz eingerieben und an der Luft getrocknet wurde. So schreibt es der Verband der italienischen Parmaschinkenhersteller vor: «Salz ist das einzige Konservierungsmittel, das im Verarbeitungsprozess verwendet wird – chemische Zusätze sind nicht erlaubt.»
Eine Stichprobe von saldo Anfang September in den Läden von Aldi, Coop, Denner, Lidl und Migros ergab: Nicht nur Parmaschinken, sondern auch die meisten anderen Rohschinken aus Italien enthalten keine chemischen Zusätze.
Anders sieht es bei Rohschinken aus der Schweiz und Spanien oder bei Bündnerfleisch aus: Sie enthalten oft verschiedene Zusatzstoffe und andere Zutaten. Beispiele:
- Dulano Selection Jamon Serrano (Lidl) enthält Natriumnitrit (E250), Kaliumnitrat (E252), Natriumascorbat (E301), Raps- und Sonnenblumenöl.
- Pro Montagna Walliser Berg-Rohschinken (Coop) enthält Glukose, Maltodextrin, Kaliumnitrat (E252), Zucker, Natriumascorbat (E301), Zitronensäure (E330) und Trinatriumcitrat (E331).
- Sélection Arven-Bündnerfleisch (Migros) enthält Glukose, Zucker, Kaliumnitrat (E252), Natriumcitrat (E331) und Natriumascorbat (E301).
- Retour aux sources Bio Bündnerfleisch (Aldi) enthält Natriumnitrit (E250), Zucker, Maltodextrin, Traubenzucker, Kaliumnitrat (E252).
Eigentlich erhält Trockenfleisch seinen Geschmack und die lange Haltbarkeit durch eine lange Reifezeit. Mit den Zusatzstoffen erspart sich die Industrie mehrere Monate Reifung und kann das Fleisch gleichzeitig schöner aussehen lassen. Konkret:
- Färbung(E250, E252): Nitrit und Nitrate werden zusammen mit Salz beigemischt (Pökelsalz) und färben das Fleisch rot. Gemäss dem deutschen Bundeszentrum für Ernährung können Nitrite und Nitrate zur Bildung von Nitrosaminen führen, von denen einige krebserregend sind.
- Haltbarkeit(E300, E301, E330, E331): Diese Antioxidantien verzögern das Ranzigwerden von Fett. Damit wird der Schinken länger haltbar.
- Geschmack(Glukose respektive Traubenzucker, Maltodextrin, Zucker): Diese Zutaten unterstützen den Reifeprozess. Zucker ist zudem auch ein Geschmacksträger.
Der Tessiner Fleischproduzent Rapelli bestätigt: «Bei einer langen Reifezeit ist es möglich, das gewünschte Ergebnis hinsichtlich Haltbarkeit einzig mit Meersalz zu erreichen – bei einer kurzen Reifezeit von nur drei Monaten aber nicht. Daher braucht es bei kurzer Reifezeit Zusatzstoffe.»
Rapelli stellt Rohschinken sowohl mit als auch ohne Zusatzstoffe her. Die Variante ohne Zusatzstoffe preist Rapelli mit einem selbst erfundenen Logo als «Clean Label» an. Das Fleisch reife 12 bis 16 Monate, die Variante mit Zusatzstoffen nur rund 3 Monate.
Das hat seinen Preis. Rapellis «Ticinella Clean Label»-Schinken verkaufte Coop Anfang September zum Kilopreis von Fr. 94.20, die Variante mit Zusatzstoffen hingegen für Fr. 69.50 pro Kilo.
Aldi, Coop, Denner und Lidl schreiben, die Zusatzstoffe würden der «Produktsicherheit» dienen. Die Migros liess die Frage unbeantwortet.
Es gibt deutlich günstigeren Rohschinken ohne Zusatzstoffe. Bei Lidl etwa kostete der Dulano Selection Prosciutto crudo aus Italien knapp 40 Franken pro Kilo. Spanischen Jamon serrano ohne Zusatzstoffe verkauft die Migros sogar für 35 Franken pro Kilo.
Wer Bündnerfleisch ohne Zusatzstoffe will, wird bei den Detailhändlern nicht fündig. Immerhin aber bei kleineren Produzenten wie Alpahirt in Fürstenau GR, der landesweit liefert. Geschäftsführer Adrian Hirt stellt das Fleisch so her, wie es bereits sein Urgrossvater machte. Er ist überzeugt: «All diese Zusatzstoffe sind unnötig und dienen insbesondere dazu, schneller zu produzieren und aufgrund einheitlicher Farbe und Geschmack mehr verkaufen zu können.»