Der Saal im Richteramt Olten-Gösgen SO ist gut geheizt. Trotzdem scheint es den Vermieter zu frösteln. Eingepackt in eine Daunenweste sitzt er neben seinem Anwalt, der ihn bei der Klage gegen das junge Paar vertritt. Einst verstand er sich mit den Mietern gut. Als «Rösseler» teilten sie die Leidenschaft für Pferde. Jetzt würdigen sich die beiden Parteien kaum eines Blickes.
Vier Monate stand der Bauernhausteil mit Pferdestall nach dem Auszug des Paars leer. Für diese Zeit verlangt der Vermieter nachträglich den Mietzins von viermal 1500 Franken plus Nebenkosten, total 8100 Franken. Dazu kommen 616 Franken für Inserate, die durch das neuerliche Ausschreiben nötig wurden. «Die angebotenen Ersatzmieter waren untauglich», begründet der Anwalt des Hauseigentümers die Forderung, «sie hätten schlicht das Geld nicht gehabt, um die Miete zu zahlen.» Das Gesetz verlange, dass ein Ersatzmieter zumutbar und zahlungsfähig sei. Mit einer Betreibung über 1795 Franken für eine Verkehrsbusse sei die Zahlungsfähigkeit nicht gegeben.
Das sieht der Anwalt des jungen Paars anders. «Eine einzige Betreibung vermag nicht an der Solvenz der vorgeschlagenen Ersatzmieter zu rütteln», kontert er. Schliesslich wären zwei Personen gemeinsam für einen relativ tiefen Mietzins aufgekommen. Zudem hätte der Vermieter beim Depot eine zusätzliche Monatsmiete verlangen können, um sich abzusichern. Dass der Hauseigentümer mit den Ersatzmietern nicht handelseinig geworden sei, habe einen anderen Grund: «Er wollte mehr herausholen und verlangte für den gleichen Hausteil deutlich mehr.» Deshalb seien die Ersatzmieter ausgestiegen. Kurzum: «Am Leerstand ist der Vermieter selber schuld.» Der Mietvertrag habe den Hausteil und den Stall umfasst und die zu leistenden Arbeiten einzeln aufgeführt. Diesen Vertrag hätten die Ersatzmieter eins zu eins übernehmen wollen.
Aussagen der Ersatzmieter bringen Klarheit
Die Einzelrichterin hat die beiden Ersatzmieter für die Verhandlung als Zeugen aufgeboten. So will sie abklären, welche Version zutrifft. Zuerst wird der Mann in den Saal gerufen und nach dem Hergang befragt. Man habe die Liegenschaft besichtigt und das Bewerbungsformular ausgefüllt. Die Einzelrichterin will wissen, ob auch ein Kontakt mit dem Vermieter zustande kam. «Ja, beim zweiten Treffen machten wir mit ihm einen Rundgang.»
Dabei habe der Vermieter erklärt, er könne den Betrag der Miete noch nicht beziffern. Das hänge davon ab, wie viel Arbeit man im entsprechenden Monat leisten werde, so der Zeuge. Der Vermieter habe ihn auf die Betreibung angesprochen, aber nicht gesagt, dass deswegen ein Mietvertrag nicht in Frage komme.
Wenig später hätten sie den Vertragsentwurf erhalten – mit einer Miete, die über 200 Franken höher lag als beim Paar, das auszog. Das sei ihnen zu teuer gewesen. Deshalb hätten sie abgesagt. Zu gleichen Konditionen wie vorher hätten sie unterschrieben. Selbst eine um 1500 Franken erhöhte Kaution wäre für sie «kein Problem» gewesen. Die anschliessend einvernommene Freundin bestätigt diese Aussagen.
Von einem festen Arbeitsvertrag war nie die Rede
Der Anwalt des Vermieters versucht nun, die Sache zurechtzubiegen. Die Ersatzmieter hätten ein weiteres Pferd in Pension genommen und deshalb zwei Ställe statt nur einen Stall gewünscht, behauptet er. Und: «Mietet man mehr, so zahlt man logischerweise mehr.» Zudem hätten die Ersatzmieter nur unterschreiben wollen, wenn sie einen festen Arbeitsvertrag erhalten hätten.
Nachfragen der Richterin zeigen, dass dem nicht so war. «Wir hätten nur ein Pferd mitgebracht», erklärt die Frau. Und der Mann stellt klar, dass man nicht einen Arbeitsvertrag wollte, sondern Klarheit über die Arbeitsentschädigung und die Mietkosten: «Wir wollten bloss wissen, wie hoch der Betrag ausfällt.»
Die Richterin schliesst die Verhandlung. Das Urteil folgt schriftlich. Gestützt auf die Zeugenaussagen weist das Gericht die Klage des Vermieters ab und verpflichtet ihn, dem ausgezogen Paar das zurückbehaltene Mietzinsdepot auszuzahlen. Er muss zudem 1500 Franken Gerichtskosten übernehmen und für die Anwaltskosten des jungen Paars aufkommen.
Ersatzmieter: Für Unzumutbarkeit braucht es triftige Gründe
Lehnt der Vermieter bei einer ausserterminlichen Kündigung einen Ersatzmieter als unzumutbar ab, muss er stichhaltige Argumente vorbringen. Als Regel gilt etwa, dass das Einkommen eines Ersatzmieters ungefähr dreimal so hoch wie der monatliche Mietzins sein sollte. Auch Bewerber mit Betreibungen in geringer Höhe können zumutbar sein. Einträge von Zahlungsbefehlen im Betreibungsregister führen in der Regel erst zur Ablehnung, wenn die geforderten Summen berechtigt waren und die Betreibungen fortgesetzt wurden. Ebenfalls unzumutbar sind Ersatzmieter, wenn sie das Mietobjekt auf eine andere Weise nutzen möchten – etwa als Büro statt als Wohnung.
Tipp: Geben Sie dem Vermieter mehrere Ersatzmieter an. Denn es kommt häufig vor, dass Interessenten ihre Bewerbung wieder zurückziehen.