Während Jahren litt die 74-jährige Ursula Kocher (Name geändert) aus Rapperswil-Jona SG unter entzündetem Zahnfleisch. «Reinigte die Dentalhygienikerin meine Zähne, blutete es jeweils stark», erinnert sie sich. Und bei kalten und heissen Speisen schmerzte es.
Biofilm aus Bakterien, Nahrungsresten und Speichel als Auslöser
Laut einer Untersuchung der Universität Bern leidet bis zu einem Drittel der Bevölkerung an Zahnfleischentzündungen. Ursache ist meist mangelhafte Zahnpflege. Clemens Walter von den Universitätskliniken für Zahnmedizin in Basel sagt: «Je weniger man die Zähne reinigt, umso mehr Bakterien können sich ansiedeln.» Aus Bakterien, Nahrungsresten und Speichel entsteht ein Biofilm, der Zahnfleischentzündungen fördert. Unbehandelt kann die Entzündung auf das Stützgewebe übergreifen. Dieses hält die Zähne am Kiefer fest. Fachleute sprechen dann von einer Parodontitis. Schliesslich fallen die Zähne aus.
Viele Pharmafirmen werben mit desinfizierenden Gels oder Mundwasser gegen Zahnfleischentzündungen. In der Schweiz sind rund zwei Dutzend solche Mittel zugelassen.
Lebensgefährliche allergische Reaktionen verursacht
Das Problem: Mundwasser wie Dentohexin oder Parodentosan enthalten den Wirkstoff Chlorhexidin. Dieser kann gefährliche Nebenwirkungen haben. Die Heilmittelbehörde Swissmedic weiss von rund zwei Dutzend Fällen von schweren allergischen Reaktionen. Zehn Betroffene schwebten in Lebensgefahr, einer verstarb. Ebenfalls problematisch: Bei längerem Gebrauch können Bakterien resistent werden.
Clemens Wagner empfiehlt, Mittel mit Chlorhexidin «nur kurze Zeit und nur bei schweren Zahnfleischentzündungen oder nach chirurgischen Eingriffen zu verwenden». Eine leichte Zahnfleischentzündung lasse sich mit korrektem Zähneputzen meist gut bekämpfen. Das heisst: Jeden Tag mindestens zweimal drei Minuten mit der Zahnbürste putzen, und die Zwischenräume mit Zahnseide oder Zwischenraumbürstchen reinigen.
Auch Salbei und Teebaumöl können weiterhelfen
Ursula Kocher hat gute Erfahrungen mit Salbei und Teebaumöl gemacht. «Ich trug abwechselnd ein Gel mit Teebaumöl und einen Balsam mit Salbei auf das Zahnfleisch auf. Jetzt geht es meinem Zahnfleisch wieder viel besser.»Die Parodentosan-Herstellerin Schaer Pharma schreibt, ihr seien keine schweren allergischen Reaktionen im Zusammenhang mit ihrem Produkt bekannt. Streuli Pharma teilt mit, Patienten dürften Dentohexin nicht anwenden, falls sie auf Chlorhexidin überempfindlich reagieren. Das stehe auf dem Beipackzettel.
Tipps
- Zahnbürsten mit sehr weichen Borsten benutzen.
- Suchen Sie den Zahnarzt auf, wenn Ihr Zahnfleisch länger als zehn Tage entzündet ist und oft blutet.
- Reinigen Sie die Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder speziellen Bürstchen.
- Putzen Sie Ihre Zähne mindestens zweimal täglich mit der Zahnbürste.
- Bei schweren Entzündungen können Produkte mit Teebaumöl oder Salbei die Heilung unterstützen.
- Verwenden Sie Mittel mit Chlorhexidin nur bei schweren Entzündungen und nur für kurze Zeit.