Donald Trump macht seit 2009 bei der Kurzmeldungsplattform Twitter mit. Bis zum Redaktionsschluss von saldo hat er sagenhafte 34 400 Kurzmeldungen «getwittert». Viele Schweizer Journalisten sind auf seine 140-Zeichen-Kommentare richtiggehend fixiert. Was immer Trump in sein Handy tippt, sie greifen es begierig auf. Motto: Lieber lesen als recherchieren. Einige Beispiele:
«Bestellung annullieren», gab Trump kürzlich per Twitter durch. Er wollte damit angeblich den Kauf eines neuen Präsidentenflugzeugs der Marke Boeing verhindern. Der «Blick» hielt die Nachricht für wichtig genug, um sie seiner Leserschaft mitzuteilen. «Ob der Bau nun wirklich gestoppt wird, ist aber unklar», schrieb der «Blick». Die Leser bleiben ratlos.
Ein japanischer Unternehmer namens Masa äusserte Ende letzten Jahres die Absicht, in den USA 5000 neue Stellen zu schaffen. Prompt und stolz fingerte Trump in sein Mobile: «Masa sagt, das hätte er nie getan, wenn wir (Trump) nicht die Wahl gewonnen hätten.» Die Meldung schaffte es ins «Thurgauer Tagblatt». Bleibt die Frage, wie viele Thurgauer Stellensuchende sich bei Masa in den USA bewerben werden.
Die «Basler Zeitung» zitierte den Trump-Tweet: «Das wird nicht passieren», und meinte damit den Bau einer nordkoreanischen Atombombe. Ob es sie bereits gibt oder jemals geben wird, scheint der neue Präsident bereits zu wissen, die BaZ aber nicht zu interessieren.
Auch die NZZ kolportiert gerne Trump-Tweets: «Toyota Motor sagt, es wolle ein neues Werk in Baja, Mexiko, bauen, um Corollas für die USA zu produzieren. Kommt nicht in Frage.» Der US-Präsident will also eine neue Fabrik in einem fremden Land verhindern. Ob er das auch kann, diese Frage stellt sich die NZZ nicht. Keine Recherche, man nimmt das präsidiale Gedrohe als Tatsache hin, ohne nachzuforschen.
22 Millionen folgen Trump freiwillig
Einzelne Trump-Tweets schaffen es querbeet in alle Medien. Von den Gratiszeitungen über die Regionalblätter bis zur NZZ sowie in Radio und Fernsehen: Nachdem die US-Schauspielerin Meryl Streep dem Präsidenten bei der Golden-Globes-Verleihung «Menschenverachtung» vorgeworfen hatte, gab dieser per Tweet zurück, sie sei die «am meisten überschätzte Schauspielerin». Auch diese Behauptung wäre eigentlich keine Meldung wert, aber ein gewisser Gehalt ist der Nachricht zuzugestehen: Sie sagt mehr über Trump aus als über Streep.
Der Präsident hat mittlerweile auf Twitter über 22,4 Millionen «Followers» – das sind Leute, die seine Tweets automatisch und freiwillig auf ihr Handy erhalten. Für viele andere Erdenbewohner wäre es dienlich, wenn sie die Trump-Kommentare nicht gegen ihren Willen erhielten – über ihre abonnierte und teuer bezahlte Tageszeitung.