Als Simona Freuler (Name geändert) die Rechnung der Zahnarztpraxis Anton Wetzel in St. Gallen erhielt, traute sie ihren Augen nicht: Fr. 270.90 sollte sie für die Behandlung bei der Dentalhygienikerin bezahlen. Sie erkundigte sich nach den Gründen für den happigen Betrag. «Die Behandlung hat 75 Minuten gedauert. Und wir sind keine Feld-Wald-und-Wiesen-Praxis», lautete die Antwort. Freuler wird den Zahnarzt wechseln. Auch die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft beurteilt die Rechnung des Verbandsmitglieds Wetzel als «tatsächlich hoch».
saldo wollte wissen, ob es sich bei dieser Rechnung um eine Ausnahme oder die Regel handelt. In einer Stichprobe rief die Redaktion je fünf Praxen in den Agglomerationen Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich an. Gefragt wurde nach dem Preis für eine einstündige Behandlung durch eine diplomierte Dentalhygienikerin. Laut Cornelia Jäggi, Verbandspräsidentin Swiss Dental Hygienists, benötigt eine Dentalhygienikerin in der Regel jeweils eine Stunde für die Behandlung eines Patienten, der seine Zähne regelmässig pflegen lässt.
Resultat der Umfrage: Die Preisunterschiede für 60 Minuten Dentalhygiene ohne Röntgenbilder sind enorm. Am teuersten war die von Simona Freuler aufgesuchte Praxis von Anton Wetzel in St. Gallen mit einem Stundenpreis von Fr. 216.70 (siehe Tabelle). Den günstigsten Tarif offerierte die Praxis Zahnfee 2.8 in der hochpreisigen Stadt Zürich: Dort kostet eine einstündige Dentalhygiene nur 80 Franken. Das ist eine Differenz von Fr. 136.70. Zahnfee 2.8 nennt sich die Praxis, weil sie mit dem Taxpunktwert 2.8 rechnet.
In Basel finden sich die geringsten Preisunterschiede
Zahnarzt Anton Wetzel begründet seine Hochpreispolitik damit, dass in seiner Praxis meist Patienten mit fortgeschrittenen Parodontalerkrankungen behandelt würden. Dafür brauche es sehr gut ausgebildetes Personal sowie die besten und modernsten Geräte. Zudem sei er selber in der Betreuung der Patienten involviert. «Dies schlägt sich halt im Preis nieder.» Umgekehrt deckt Zahnfee 2.8 gemäss Geschäftsführerin Yeliz Erduran mit dem günstigen Pauschalpreis nur gerade die Kosten. Der günstige Preis diene dazu, Patienten für die Zahnarztpraxis anzuwerben.
Auch abgesehen von diesen beiden Extrembeispielen finden sich in den fünf untersuchten Städten grosse Preisunterschiede. Die Differenz zwischen dem günstigsten und teuersten Tarif des saldo-Preisvergleichs beträgt in Zürich 109 Franken, in St. Gallen Fr. 117.70. In Luzern liegt die Preisspanne bei Fr. 71.40, in Bern bei Fr. 45.90 und in Basel bei Fr. 30.60 pro Stunde.
Die meisten Dentalhygienikerinnen sind in einer Zahnarztpraxis angestellt. Daneben gibt es gesamtschweizerisch rund 150 selbständige Dentalhygienikerinnen. Im saldo-Vergleich sind auch die Preise von vier Praxen selbständiger Dentalhygienikerinnen enthalten (siehe Tabelle). Zwei davon sind teuer: Das DH Center Bern verlangt für eine Stunde Behandlung 195 Franken, Soloclean in Luzern 210 Franken.
Dentalhygienikerin und Prophylaxeassistentin ist nicht dasselbe
Tipp: Vor der Dentalhygiene den Tarif erfragen. Die Praxen sind zur Bekanntgabe des Preises verpflichtet. Und: Sich vergewissern, dass die Behandlung durch eine diplomierte Dentalhygienikerin erfolgt, nicht durch eine Prophylaxeassistentin. Für letztere gelten rund 30 Prozent tiefere Ansätze. Eine Dentalhygienikerin hat eine dreijährige Ausbildung an einer höheren Fachhochschule absolviert. Sie entfernt Zahnbeläge, Verfärbungen und Zahnstein sowohl oberhalb als auch unterhalb des Zahnfleisches. Zudem beurteilt sie den Zustand von Zähnen und Zahnfleisch. Die Prophylaxeassistentin hat nur einen 20-tägigen Prophylaxekurs besucht und innert sechs Monaten 150 Behandlungen durchgeführt. Sie darf nur Beläge oberhalb des Zahnfleischrandes entfernen.