Es hätte für einen Zürcher Manager und seine Frau die perfekte Reise werden sollen. Eine Kreuzfahrt in den Süden: nach Chile, Ecuador und Bolivien. Mit Ausflügen zu den Galapagosinseln und zum Titicacasee. Sechs Wochen lang weg von der Arbeit, von den langen Meetings und den statistischen Berechnungen. Die Reise hätte im Juli und August 2020 stattfinden sollen – also während der Coronapandemie. Aus der Traumreise wurde ein langer Gerichtstermin.
Der Kläger hatte die Kreuzfahrt mit einem Zürcher Reiseveranstalter bis ins kleinste Detail geplant. Seine Frau besuchte zuvor über mehrere Monate Spanischkurse. 50 000 Franken wollten sie für die Reise ausgeben. Nun fordert der Kläger vor dem Bezirksgericht Zürich knapp 10 000 Franken vom Reiseveranstalter zurück. Sein Anwalt argumentiert: «Die Reise konnte nicht durchgeführt werden. Der Reiseveranstalter wusste das bereits Monate zuvor.» Anstatt seinem Mandanten die Anzahlung von 20 000 Franken komplett zurückzuerstatten, habe der Reiseveranstalter die Hälfte des Gelds für sich behalten.
Der Beklagte wehrt sich: «Die 10 000 Franken sind Annullationskosten. Glauben Sie, ich arbeite gratis? Ihr Mandant hat die Reise annulliert, also muss er die Kosten tragen.»
Das Ehepaar bestreitet die Annullierung der Reise
Hier liegt der Kern des Streits: Das Paar streitet ab, die Reise annulliert zu haben. Der Anwalt sagt dazu: «Bolivien und Chile machten die Grenzen schon Monate vorher dicht. So durften vom 19. März bis 20. September 2020 einzig Bolivianer nach Bolivien.» Chile habe die Grenzen bis Mitte Oktober geschlossen. Zudem sei Latam, die grösste südamerikanische Fluggesellschaft, pleitegegangen: «Mehrere Flüge, die mit dieser Airline eingeplant waren, fielen weg. Der Reiseveranstalter hätte Verantwortung übernehmen und eingestehen müssen, dass die Reise in der geplanten Form gar nicht mehr möglich war.» Doch stattdessen habe er nicht lockergelassen und immer wieder neue Alternativen angeboten. «Das Paar lehnte alle diese Vorschläge ab.»
Der beklagte Reiseplaner, der ohne Anwalt zum Gerichtstermin kam, besteht darauf, dass das Ehepaar die 10 000 Franken zahlen müsse. Er sitze auf Kosten, die er für Flüge und Bootsfahrten sowie einzelne Übernachtungen bezahlt habe. Viele Partner vor Ort würden ihm diese nicht zurückerstatten. Einige seien Konkurs gegangen. «Die Pandemie war für die Branche eine Katastrophe. Ich kämpfe noch immer um meine berufliche Existenz. Ich habe sogar die Wohnung aufgegeben, um die Firma zu retten.»
Der Richter fordert die Parteien auf, einen Vergleich zu schliessen
Nach diesem Monolog wird es still im Gerichtssaal. Dann ergreift der Einzelrichter das Wort und sagt zum Beklagten: «Ich verstehe Ihre Situation. Für ihre Branche war die Pandemie eine Katastrophe.» Es spiele aber keine Rolle, wer die Annullation gemacht habe. «Die Reise war in der geplanten Form nicht möglich. Das ist ein Fakt und war schon früh bekannt.» Er fordert die Parteien auf, einen Vergleich zu schliessen: Der Beklagte solle dem Paar 7000 Franken zurückzahlen, damit die Sache erledigt sei.
Der Manager willigt ein: Er könne die Situation des Reiseveranstalters nachvollziehen. Dieser willigt zähneknirschend ein: «So kann ich wenigstens diese Baustelle schliessen.» Die Gerichtskosten von 900 Franken teilen sich die Parteien.
Pauschalreise-Vertrag: Schutz vor unvorhersehbaren Ereignissen
Wer eine Pauschalreise bucht, muss mit einer wesentlichen Änderung der Reise nicht einverstanden sein. Er kann dann die Anzahlung zurückverlangen. Von einer Pauschalreise spricht man, wenn bei einem Reisebüro mehrere Leistungen gebucht werden, also beispielsweise Übernachtungen und Transport.