Der Ringfinger an der rechten Hand machte Max Noger immer mehr Probleme: «Ich konnte ihn nicht mehr richtig bewegen», erzählt der 73-Jährige aus St. Gallen. Beim Strecken und Beugen des Fingers klemmte es.
Ärzte sprechen von einem Schnapp- oder Springfinger. Die Ursache ist eine entzündete Sehne. Diese schwillt an und kann deshalb nicht mehr ungehindert durch die Ringbänder gleiten. Gemäss dem Fachblatt «Medical Tribune» tritt das Problem bei etwa 2 von 100 Leuten auf, meist im mittleren Alter. Bei Diabetes ist das Risiko grösser, weil er Entzündungen begünstigt.
Eingriff kann unangenehme Folgen haben
Der Arzt empfahl Max Noger eine Operation. Dabei durchtrennt der Chirurg das Ringband, das die Sehne blockiert. Noger willigte ein. Denn Jahre zuvor hatte er bereits den kleinen Finger operieren lassen und war zufrieden mit dem Resultat.
Doch dieses Mal kam es nicht gut. «Nach der Operation war es schlimmer als zuvor», sagt Noger. Selbst Monate später hatte er noch Schmerzen und konnte den Finger noch immer nicht gut bewegen. Die Stelle war geschwollen. Es folgten eine Kortisonspritze sowie mehrere Behandlungen bei einem Handtherapeuten.
Mehr noch: Wegen der Operation hat Noger nun ein weiteres Problem. Das Bindegewebe beim operierten Finger wucherte und bildete Knoten. Der Arzt spricht von einer Dupuytren-Kontraktur, die mit der Zeit den Finger krümmt. Noger: «Der Knoten stört mich und drückt.» Vor allem beim Heimwerken sei es mühsam, wenn er mit dem Schraubenzieher oder anderem Werkzeug arbeite.
Der Handchirurg Daniel Herren, Chefarzt an der Zürcher Schulthess-Klinik, sagt: «Solche Probleme nach einer Operation sind zwar sehr selten. Aber sie können auftreten.»
Verzicht auf Milchprodukte, Eier, Fleisch und Fisch
Für Betroffene lohnt es sich deshalb, auch Alternativen zu prüfen. Viele Patienten berichten von guten Erfolgen mit der Ernährung, wie etwa die 71-jährige Charlotte Bucheli aus Pringy FR. Sie verzichtete auf Zucker und ass nur noch wenig Kohlenhydrate. Vor allem Nudeln, Brot und Reis strich sie von ihrem Speiseplan. «Ich wollte eine Operation möglichst vermeiden», sagt Bucheli.
Auch eine andere Betroffene setzte auf eine Diät: «Ich verzichtete ganz auf Milchprodukte, Eier, Fisch und Fleisch.» Stattdessen ass sie Salat, Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte. Eine solche Ernährung kann die Entzündung lindern. Die Frau achtete zudem darauf, dass sie den betroffenen Finger nicht stark belastete, etwa mit einer schweren Tasche.
Die Massnahmen zeigten Wirkung: «Nach drei Wochen waren die Beschwerden weg.» Arzt Daniel Herren bestätigt: «Ein Versuch mit der Ernährung kann sich lohnen, auch wenn es keine Studien gibt, die zeigen, dass eine bestimmte Diät wirkt.» Man solle ausprobieren, was einem guttut. Hilfreich ist auch, den Finger sanft zu bewegen. Das fördert Durchblutung und Beweglichkeit.
Charlotte Bucheli bekam den Tipp von einer befreundeten Ärztin. «Ich habe zigmal pro Tag den Schnappfinger mit der anderen Hand gestreckt und gebeugt – beim Lesen, Musikhören, im Zug oder Tram.» Nach drei Monaten war der Finger wieder gesund.
Dank Kortison ist Operation oft nicht nötig
Zudem verschreiben Ärzte bei einem Schnappfinger Medikamente wie Ibuprofen oder Diclofenac. Beide Mittel hemmen Entzündungen. In Frage kommt laut Daniel Herren zudem eine Schiene, die den Finger über Nacht ruhigstellt. «Solche Massnahmen können vor allem zu Beginn der Beschwerden helfen.» Hat man damit keinen Erfolg, empfiehlt der Experte eine Kortisonspritze in den betroffenen Finger: «Bei mehr als der Hälfte der Patienten kann man damit eine Operation vermeiden.»
Studien zeigten Erfolgsraten zwischen 45 und 80 Prozent, wie Forscher der Brown-Universität in Providence (USA) 2020 berichteten. Weniger geeignet ist die Spritze gemäss Herren, wenn jemand wegen Diabetes Insulin spritzen muss. Bei diesen Patienten wirke die Spritze weniger gut. Zudem lasse das Kortison den Blutzucker vorübergehend deutlich ansteigen. In diesem Fall ist eine Operation bei einem erfahrenen Chirurgen meist die bessere Wahl. Das gilt auch für alle übrigen Patienten, wenn andere Therapien nicht geholfen haben.