Die Klägerin ist vor Bezirksgericht Andelfingen ZH in Begleitung ihres Anwalts erschienen. Sie ist um die 40 Jahre alt. Ihr gegenüber sitzt der um einige Jahre jüngere Beklagte. Der Anwalt der Frau verlangt vom Beklagten 9800 Franken. Seine Mandantin habe dem Mann zwei Darlehen von je 5000 Franken gewährt. Davon seien nur 200 Franken zurückbezahlt worden.
Die beiden hatten sich beim Salsa-Tanzen kennengelernt. Der Mann habe der Frau geklagt, er sei knapp bei Kasse. Deshalb habe sie ihm 5000 Franken gegeben. Mündlich sei abgemacht worden, dass er das Geld zurückzahle. Überdies sei sie für zwei gemeinsame Hotelübernachtungen von insgesamt 200 Franken aufgekommen. Kurze Zeit später habe der Beklagte die Frau erneut angepumpt. Diesmal setzte sie einen Darlehensvertrag auf. Doch der Tanzpartner wollte nicht unterschreiben. «Er versprach, jeden Monat 500 Franken zurückzuzahlen.» Darauf habe sie ihm nochmals 5000 Franken überreicht.
Aufforderungen zur Zahlung der Raten seien erfolglos gewesen. Darauf habe die Klägerin den mündlichen Vertrag gekündigt. Ihr Partner habe dann angerufen: Es sei nichts abgemacht. Er schulde ihr nichts.
Zeugin bestätigt Aushändigung von 5000 Franken
Der Einzelrichter will vom Beklagten wissen, ob diese Darstellung zutreffe. Dieser poltert los: «Ich habe von dieser Frau keinen Rappen erhalten.» 200 Franken habe er ihr gegeben, weil sie für die Hotelübernachtungen aufgekommen sei. Als er erfahren habe, dass die Frau mit anderen Männern Affären hatte, habe er Schluss gemacht. «Als sie das hörte, sagte sie mir, ich würde etwas erleben!»
Nun befragt der Richter eine Kollegin der Klägerin als Zeugin. Sie beteuert gesehen zu haben, dass der Mann ein Couvert mit 5000 Franken erhalten hat. Dieser schüttelt den Kopf: «Alles erlogen! Hätte sie mir Geld gegeben, hätten wir einen schriftlichen Vertrag gemacht.»
Der Anwalt der Klägerin präzisiert: Nicht der Freund habe Schluss gemacht: «Zum Bruch ist es gekommen, als meine Mandantin ultimativ ihr Geld zurückforderte.» Sie habe ihrem Partner nicht gedroht, sondern nur gesagt, sie gehe gerichtlich gegen ihn vor. Es sei wohl nicht das erste Mal, dass der Mann eine Bekannte überredet habe, ihm Geld zu geben.
Der Beklagte widerspricht: Das habe er nicht nötig. Er sei Musiker. Seine Ehefrau arbeite 40 Prozent. Dazu erhalte er eine Invalidenrente. Und er betont: «Es gibt keinen Beweis, dass ich der Frau Geld schulde!»
Die Parteien erhalten das Urteil per Post. Der Einzelrichter entscheidet: Der Beklagte muss 4800 Franken zurückzahlen. Für die Gerichtskosten von 1400 Franken und die Friedensrichterkosten von 375 Franken müssen sie je zur Hälfte aufkommen. Der Richter begründet das Urteil: Die Zeugin habe ausgesagt, dass der Mann 5000 Franken erhalten habe. Diese Aussage sei glaubhaft. Für die restlichen 5000 Franken gebe es keinen Beweis. Unbestritten sei, dass der Beklagte der Frau 200 Franken gegeben habe. Somit schulde der Mann 4800 Franken.
Mündliche Verträge nicht zu empfehlen
Die meisten Verträge sind gültig, selbst wenn sie bloss mündlich abgeschlossen werden. Das gilt auch für den Darlehensvertrag. Mündliche Verträge haben aber einen gravierenden Nachteil: Wer gestützt darauf von der andern Partei etwas fordert, muss im Streitfall beweisen können, dass ein Vertrag abgeschlossen wurde und welchen Inhalt er hatte.
Bei Darlehen sollte mindestens die Übergabe des Gelds belegt werden können: mit einem Bankbeleg oder einer Quittung. Hat jemand nachweislich ohne vertragliche Verpflichtung Geld erhalten, gehen die Gerichte in der Regel von einem Darlehensvertrag aus. Wer behauptet, er habe das Geld geschenkt bekommen, müsste die Schenkung beweisen.
Bei Zweifeln an der Kreditwürdigkeit kann man als Sicherheit ein wertvolles Faustpfand verlangen. Denn: Hat der Schuldner kein Geld, nützt Darlehensgebern selbst ein positives Gerichtsurteil nichts.
Muster-Darlehensvertrag: www.saldo.ch/dE5842