E-Autos viel sauberer als angenommen
Elektroautos verursachen markant weniger klimaschädliches CO2 als vergleichbare Autos mit Verbrennungsmotoren. Das zeigen neue Studien aus der Schweiz und Holland.
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saldo 16/2020
06.10.2020
Letzte Aktualisierung:
08.10.2020
Eric Breitinger
Diverse wissenschaftliche Studien aus Deutschland schürten jüngst Zweifel am Nutzen von E-Autos. Sie behaupten, strombetriebene Autos seien nicht umweltfreundlicher als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Denn bei der Herstellung von Lithium-Batterien und dem Ladestrom entstehe sehr viel Treibhausgas (CO2). Typisch ist etwa eine Studie des Münchner Ifo-Instituts aus dem vergangenen Jahr. Die Autoren kamen zum Schluss: Der Tesla «Model 3» belaste das Klima um 11 ...
Diverse wissenschaftliche Studien aus Deutschland schürten jüngst Zweifel am Nutzen von E-Autos. Sie behaupten, strombetriebene Autos seien nicht umweltfreundlicher als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Denn bei der Herstellung von Lithium-Batterien und dem Ladestrom entstehe sehr viel Treibhausgas (CO2). Typisch ist etwa eine Studie des Münchner Ifo-Instituts aus dem vergangenen Jahr. Die Autoren kamen zum Schluss: Der Tesla «Model 3» belaste das Klima um 11 bis 28 Prozent mehr als ein Mercedes C Diesel.
Forscher der Technischen Hochschule Eindhoven (NL) widerlegen nun diese These: E-Autos verursachen ihrer Studie zufolge – inklusive Herstellung – 54 bis 82 Prozent weniger klimaschädliches CO2 als vergleichbare Autos mit Verbrennungsmotoren. Auch die neue Schweizer Studie «Umweltauswirkungen von Fahrzeugen im urbanen Kontext» bescheinigt Elektrofahrzeugen eine «deutlich bessere Treibhausgasbilanz». Die Studie erstellten Forscher des Paul-Scherrer-Instituts in Villigen AG sowie der Beratungsunternehmen Infras und Quantis im Auftrag der Stadt und des Kantons Zürich.
Drei falsche Annahmen
Beide Studien zeigen, dass die Kritiker von E-Autos oft von drei falschen Annahmen ausgehen:
Die meisten Forscher rechneten bisher mit einem überhöhten CO2-Ausstoss für die Herstellung der Batterien. Batteriefabriken haben aber ihren Energieverbrauch in den letzten Jahren stark reduziert. Die niederländischen Forscher gehen in ihrer neuen Studie von einem Ausstoss von durchschnittlich 75 Kilogramm CO2 pro Kilowattstunde Batterieleistung aus. Der Wert entspricht dem, was US-Hersteller Tesla für seine Batterien angibt. Folge: Laut der holländischen Studie steht der Tesla «Model 3» nach 30 000 Kilometern gegenüber dem Mercedes punkto CO2-Ausstoss besser da. Genauer: Der Tesla belastet die Umwelt bis und mit Entsorgung mit 91 Gramm CO2 pro Kilometer, während es der Diesel-Mercedes auf einen Wert von 260 Gramm bringt – also 186 Prozent mehr.
Laut den Autoren der Ifo-Studie halten Lithium-Batterien im Durchschnitt nur halb so lange wie Batterien von Verbrennungsmotoren – nämlich 150 000 Kilometer. Die Eindhover Forscher sehen das anders: «Empirische Daten zeigen, dass moderne Batterien höchstwahrscheinlich eine Laufzeit von mehr als 500 000 Kilometern haben.» Sie rechnen in ihrer Studie zurückhaltend mit einer Lebensdauer von 250 000 Kilometern. Auch das verbessert die Ökobilanz von Elektroautos. Laut Christian Bauer vom Paul-Scherrer-Institut kommt die holländische Studie zu den «richtigen fachlichen Schlüssen». Ihre Ergebnisse zeigten klar die Vorteile von Elektroautos gegenüber Verbrennern.
Die Ifo-Autoren rechnen damit, dass E-Autos mit eher schmutzigem Strom unterwegs sind. Deutsche Produzenten emittierten laut dem Bundesumweltamt im vergangenen Jahr bei der Produktion einer Kilowattstunde Strom 401 Gramm CO2. Der EU-Durchschnitt liegt bei 200 Gramm CO2. Die Zürcher Studie macht nun klar: In der Schweiz schneiden E-Fahrzeuge auf jeden Fall besser ab. Denn bei der Stromproduktion entstanden im vergangenen Jahr nur 128 Gramm CO2 pro Kilowattstunde Strom – dank des hohen Anteils der Wasserkraft.
Mehr erneuerbare Energie tanken
In der Schweiz liesse sich laut der Zürcher Studie der Ausstoss von Treibhausgasen mit E-Autos gegenüber heute um «bis zu zwei Drittel» senken. Laut Christian Bach von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa in Dübendorf ZH sollten Fahrer möglichst viel erneuerbare Energie tanken, um das volle klimaschützende Potenzial ihrer E-Fahrzeuge auszuschöpfen.