Seit 2012 verhängt der Bund Bussen gegen Importeure, wenn sie zu viele klimaschädliche Autos verkaufen. Das heisst, dass die von ihnen im Jahr verkauften Neuwagen im Durchschnitt mehr als 130 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer ausstossen. Das Treibhausgas ist massgeblich für die Erderwärmung und den Klimawandel verantwortlich. Die Namen der Händler und die Höhe ihrer Bussen sind geheim. saldo verlangte vor drei Jahren per Gericht die Herausgabe (siehe Unten). Seit kurzem sind die Daten zugänglich (Saldo.ch/autoimport).
Am meisten zahlte bisher Mazda mit total 6,7 Millionen Franken, dann folgt General Motors mit 5,3 Millionen Franken vor Mercedes-Benz mit 2,5 Millionen Franken. Im vergangenen Jahr büsste der Bund nur gerade vier der zehn grössten Importeure: Mazda mit rund 1,2 Millionen Franken, Mercedes-Benz mit 609 000 Franken, Fiat mit 80 000 Franken und General Motors mit 77 000 Franken. Straffrei blieb unter anderem die Volkswagen-Gruppe mit Porsche. Alle Importeure zahlten zusammen 2,9 Millionen Franken Strafsteuern.
Das ist erstaunlich: Auto Schweiz, der Verband der Importeure, hatte 1998 behauptet, der Branche drohten Klimaschutz-Bussen von jährlich 800 Millionen Franken.
Händler von schweren Autos dürfen mehr CO2 ausstossen
Noch nie eine Busse aufgebrummt bekamen die Amag AG und die Porsche AG, die Emil Frey AG, die unter anderem Jaguar und Land Rover verkauft, Peugeot/Citroën, Renault und Ford. BMW musste nur einmal eine Busse von 214 000 Franken zahlen. Ferrari wurde in sechs Jahren nur zwei Mal mit insgesamt 969 000 Franken zur Kasse gebeten.
Dass die grossen Importeure so billig davonkamen, ist kein Zufall. Das CO2-Gesetz bietet jede Menge Schlupflöcher. Der Bund berechnet die Bussen für jeden Grossimporteur, der über 50 Autos pro Jahr verkauft, nach einer individualisierten CO2-Zielvorgabe. Diese ergibt sich aus dem durchschnittlichen Kohlendioxidausstoss der im Jahr verkauften Neuwagen und deren Gewicht. Wer also mehr schwere Autos verkauft, bekommt vom Bund einen höheren CO2-Zielwert zugebilligt als ein Importeur, der vor allem Leichtgewichte verkauft.
Zudem dürfen mehrere Importeure zusammenspannen. Zum Beispiel Porsche und Amag. Porsche kann dadurch den Verkauf seiner PS-starken Sportwagen in der gemeinsamen CO2-Bilanz durch den Absatz sparsamer Seat- und Skoda-Modelle aus dem VW-Konzern kompensieren. Eine weitere Möglichkeit, ungestraft mehr Dreckschleudern verkaufen zu können, ist der Verkauf von Elektroautos. Diese werden in der CO2-Berechnung eines Importeurs doppelt gezählt – und zwar mit jeweils null Gramm Kohlendioxidausstoss.
Das führt zu Ungerechtigkeiten: 2017 stiessen die Neuwagenflotten von VW und BMW mit einem Durchschnittswert von je 137 Gramm pro Kilometer mehr CO2 aus als Mazda. Deren Flotte blies im Durchschnitt 134 Gramm Kohlendioxid in die Luft. VW und BMW hatten jedoch höhere individuelle Zielwerte als Mazda und mussten keine Bussen zahlen. Unter den zehn grössten Importeuren verkaufte Mercedes-Benz mit einem durchschnittlichen CO2-Ausstoss von 146 Gramm pro Kilometer die klimaschädlichsten Autos. Der Importeur zahlte aber 570 000 Franken weniger Strafe als Mazda.
Zudem gibt es Ausnahmen. Subaru, Mazda und Suzuki gelten als «Nischenhersteller». Ihre Neuwagenflotte darf speziell hohe Emissionszielwerte haben. Grund ist eine EU-Regelung. Der Bund stuft Importeure, die in der EU zwischen 10 000 und 300 000 Autos pro Jahr verkaufen, auf Antrag auch in der Schweiz als «Nischenhersteller» ein. Für Kurt Egli vom Verkehrsclub der Schweiz (VCS) ist das ein «Blödsinn» – Subaru, Mazda und Suzuki gehören in der Schweiz zu den 15 grössten Händlern.
Ausstoss ist in der Realität oft viel höher als angegeben
Was bei den Bussen nicht berücksichtigt wurde: Der CO2-Austoss der meisten Autos ist in der Realität ohnehin viel höher als auf dem Papier. Die amtlichen CO2-Berechnungen basieren grösstenteils auf Herstellerangaben. Diese sind oft manipuliert, wie der Dieselskandal zeigte (saldo 8/2017).
Das Bussen-Gesetz hat es nicht geschafft, die CO2-Emissionen der Neuwagen laufend zu senken. 2017 stiessen die Neuwagen in der Schweiz mit 134,1 Gramm pro Kilometer zum ersten Mal seit 1996 wieder mehr CO2 aus als im Vorjahr (133,6 Gramm).
Florian Brunner von der Schweizerischen Energie-Stiftung sagt: «Die Politiker haben die Autoimporteure und die Industrie auf Kosten des Klimas bislang zu stark geschont.»
Bund muss Klimasünder nennen – dank saldo
saldo wollte vor drei Jahren vom Bundesamt für Energie wissen, welche Autoimporteure zu viele klimaschädliche Neuwagen verkauft haben und gebüsst wurden. Das Amt verweigerte die Angaben. Gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz gelangte saldo an den Eidgenössischen Datenschutz- beauftragten. Dieser verpflichtete das Bundesamt, bei jedem der 123 Importeure um die Zustimmung zur Veröffentlichung nachzufragen. 33 lehnten die Veröffentlichung ab. Sie machten für den Fall einer Veröffentlichung einen «erheblichen wirtschaftlichen Schaden» geltend. Unter anderen wehrten sich Jaguar und Kia vor dem vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das Gericht entschied im Oktober dass ein «erhebliches Interesse der Allgemeinheit» an der Datenherausgabe bestehe.