Die vergessenen Milliarden
Mehrere Milliarden Franken Pensionskassengelder liegen auf nachrichtenlosen Vorsorgekonten, weil sich die Berechtigten nicht melden.
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saldo 17/2004
27.10.2004
Martin Müller
Kaum zu glauben: Hunderttausende verschenken grosse Summen ihrer Altersvorsorge - weil sie sich nicht mehr daran erinnern, wo das Geld liegt. Das passiert etwa, wenn man bei einem Stellenwechsel vergisst, der Pensionskasse des alten Betriebs mitzuteilen, wo man neu arbeitet, wenn man sich selbständig macht und neu keine zweite Säule mehr hat, oder wenn man definitiv ins Ausland zieht. Manche Leute vergessen bei der Pensionierung auch einfach, dass sie vor Jahren (beispielsweise nach einer Sche...
Kaum zu glauben: Hunderttausende verschenken grosse Summen ihrer Altersvorsorge - weil sie sich nicht mehr daran erinnern, wo das Geld liegt. Das passiert etwa, wenn man bei einem Stellenwechsel vergisst, der Pensionskasse des alten Betriebs mitzuteilen, wo man neu arbeitet, wenn man sich selbständig macht und neu keine zweite Säule mehr hat, oder wenn man definitiv ins Ausland zieht. Manche Leute vergessen bei der Pensionierung auch einfach, dass sie vor Jahren (beispielsweise nach einer Scheidung) ein Freizügigkeitskonto bei einer Bank eröffnet hatten.
Zentralstelle 2. Säule: Forscht nach Guthaben
Mindestens 3 Milliarden Franken liegen auf rund 400 000 nachrichtenlosen Vorsorgekonten. Die Behörden stellen erst aktiv Nachforschungen an, wenn der Berechtigte das Pensionsalter erreicht, denn ab dann gilt das Rentenguthaben als «vergessen». Verloren ist es indes nicht: Solange der Berechtigte lebt, kann er seinen Anspruch geltend machen.
Dazu wendet man sich am besten an die sogenannte Zentralstelle 2. Säule. Alle Vorsorgeeinrichtungen sollten dort jene Konten melden, zu deren Inhabern sie seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr haben. Zwischen 120 und 250 Leute pro Woche würden sich nach allfälligen Guthaben erkundigen, sagt Leiter Daniel Dürr. In rund der Hälfte aller Anfragen gebe es einen Treffer.
Im Prinzip genügt es, wenn man auf einem Formular Namen, Adresse, Geburtsdatum, AHV-Nummer und Angaben zu früheren Arbeitgebern mitteilt; die Zentralstelle forscht dann nach Geldern auf irgendwelchen nachrichtenlosen Freizügigkeitskonten. Ein solcher Check empfiehlt sich alle paar Jahre auch für all jene, die zum Beispiel nach häufigen Stellenwechseln kontrollieren möchten, ob noch alle Gelder vorhanden sind.
Geld nicht in der Auffangstiftung liegen lassen
«Theoretisch sollten bei der Zentralstelle alle Konten gemeldet sein, in der Praxis funktioniert dies aber nicht immer», weiss Markus Kaltenrieder. Der AHV-Zweigstellenleiter aus Frutigen BE hat sich darauf spezialisiert, vergessene Pensionskassengelder aufzuspüren, und dabei einen «guten Riecher» entwickelt, wo das Geld stecken könnte. Diese praktischen Tipps gibt er in Kursen an Fachleute aus dem Sozialbereich weiter.
Allein für seine Klienten in Frutigen hat Kaltenrieder schon rund eine Million Franken aufgestöbert. Nach seiner Erfahrung sind es weniger die Gastarbeiter, die ihre Altersvorsorge vergessen - «die sind gut organisiert» -, sondern eher Leute, die sich vom komplexen schweizerischen Sozialversicherungssystem überfordert fühlen.
Und was macht man mit dem gefundenen Geld? Auf keinen Fall in der Auffangstiftung belassen, denn dort wird es lediglich mit 1,25 Prozent verzinst, und zudem fallen jedes Jahr Spesen an. Am besten legt man das Geld auf einem Freizügigkeitskonto bei einer Bank an - die Konditionen sind aber sehr unterschiedlich (siehe Tabelle).
Kontaktadressen:
- Zentralstelle 2. Säule, Belpstrasse 23, Postfach 5032, 3001 Bern, Tel. 031 380 79 75, www.sfbvg.ch/de/zentralstelle/
zentral_home.htm
- Markus Kaltenrieder, Ischlagweg 9, 3714 Frutigen, Tel. 033 672 52 55