Die Tricks der Weinhändler: Ein Wein, drei Etiketten
saldo lüftet das bestgehütete Geheimnis der Weinbranche: die Doppelgänger. Die gleichen Weine werden mit verschiedenen Etiketten zu unterschiedlichen Preisen verkauft.
Inhalt
saldo 9/2006
10.05.2006
Letzte Aktualisierung:
16.06.2008
Franco Tonozzi
Man macht mehr Umsatz, wenn ein und derselbe Wein mit verschiedenen Etiketten verkauft wird», weiss Rolf Reichmuth von Reichmuth Weine in Zürich aus Erfahrung. Er importiert den Edel-Rioja Marqués de Cáceres. Das hätte Mövenpick auch gern getan. Was wiederum Reichmuth gar nicht passte. Schliesslich hat man sich darauf geeinigt, den Markt aufzuteilen: Mövenpick darf den Spanier ebenfalls einführen, aber nur als Nebenmarke. Der Doppelgänger heis...
Man macht mehr Umsatz, wenn ein und derselbe Wein mit verschiedenen Etiketten verkauft wird», weiss Rolf Reichmuth von Reichmuth Weine in Zürich aus Erfahrung. Er importiert den Edel-Rioja Marqués de Cáceres. Das hätte Mövenpick auch gern getan. Was wiederum Reichmuth gar nicht passte. Schliesslich hat man sich darauf geeinigt, den Markt aufzuteilen: Mövenpick darf den Spanier ebenfalls einführen, aber nur als Nebenmarke. Der Doppelgänger heisst Don Sebastian. «Wir wollten unseren Kunden den gleichen Wein mit einem exklusiven Namen anbieten», sagt Mövenpick-Marketingleiter Roger Maurer. Jelmoli wohl auch. Das Warenhaus führt nämlich für knapp 15 Franken das zweite Double: den Enrique Forner. Reichmuth verkauft den Wein zurzeit als Aktion für Fr. 12.95.
Globus hat Original wie auch Eigenmarke im Sortiment
Gut geübt im Jonglieren mit Haupt- und Nebenmarken ist Globus. «Wir möchten verstärkt Markenweine unter eigenem Namen zu einem günstigeren Preis anbieten», sagt Andreas Hettenbach von Globus. Als Beispiel nennt er den Chardonnay Barrique von Plozza Vini für 22 Franken. Globus verkauft ihn als Chardonnay Ambizione Fr. 2.20 billiger.
Was Hettenbach verschweigt: Globus führt auch Eigenmarken, die teurer sind als das Original bei der Konkurrenz. Coop etwa verkauft den Chianti Classico, Riserva la Madonnina für Fr. 14.90. Globus nennt denselben Wein Riserva del Fattore und will Fr. 16.50 dafür. «Es ist der gleiche Wein», bestätigt das Produktionshaus Triacca. «Unterschiedlich sind nur die Jahrgänge.» Das Gleiche gilt für den Montepulciano von Triacca.
Globus scheut sich auch nicht, Original und Kopie nebeneinander zu verkaufen. Weinliebhaber werden mit Wortspielen an der Nase herumgeführt: Das Original von Plozza heisst Valtellina Seduzione - die Globus-Eigenmarke Tentazione. Dafür kostet Letzterer dann satte 5 Franken mehr. Die Firma Plozza Vini bestätigt, dass es sich um den gleichen Wein handelt. Der höhere Preis entstehe, weil die Etikette von Hand angebracht werden müsse. «Wir nehmen den Tentazione aus dem Sortiment», sagt Hettenbach.
Gut bekannt ist der spanische Don Mendo. Bei Carrefour gibts die Flasche für Fr. 8.95. Das macht die Marke für die Gastronomie unverkäuflich. Christoph Gerber von Importeur Haecky: «Wer will schon für einen Wein, den er auch zu Hause trinkt, im Restaurant das x-fache bezahlen?» Niemand. Deshalb musste ein Doppelgänger her - der Villalta.
Weinkauf: Preisunterschiede von bis zu 20 Prozent
Ob Haupt- oder Nebenmarke: In der Schweiz werden Tausende von Weinen in allen Preisklassen verkauft. Doch was auf den ersten Blick nach gesundem Wettbewerb aussieht, ist in Wahrheit die wirkungsvollste Methode, ihn zu verhindern. Die wichtigste Branchenregel lautet: Verkaufe möglichst keinen Wein, den die Konkurrenz auch führt. So haben Weinliebhaber kaum eine Chance, den günstigsten Anbieter zu finden.
Zudem bleibt unklar, ob der Lieblingstropfen überzahlt ist. saldo hat die Einkaufspreise bekannter Markenweine ausfindig gemacht und mit den Verkaufspreisen grosser Händler verglichen (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Ergebnis: Wer beim billigsten Anbieter einkauft, spart etwa 20 Prozent, bei Aktionen deutlich mehr. Beispiel Faustino I: Mit dem beliebten Rioja können die Grossverteiler kaum mehr Geld verdienen. Die Anbieter liefern sich regelmässig Rabattschlachten. Als «Hit» bei Manor kostet die Flasche statt Fr. 22.90 nur Fr. 16.50. Spar gibt «32 Prozent Rabatt, Faustino I für Fr. 14.90». Das sind nur wenige Rappen über dem Einstandspreis.
Der Einkäufer eines Grossverteilers räumt ein: «Das sind Lockvogelangebote. Neben dem billigen Wein kaufen die Kunden auch Artikel, an denen wir wirklich etwas verdienen.»
Undurchsichtig ist, ob Eigenmarkenweine ihr Geld wert sind. Denner verkauft den Alteno Salice Salentino Riserva für Fr. 11.90. saldo holte beim italienischen Produzenten eine Offerte ein. Die Flasche kostet demnach zirka 4 Franken. «Wir kommentieren unsere Einstandspreise nicht», lässt Denner saldo wissen.