In Sokolka leben zirka 18'000 Einwohner. Die ostpolnische Kleinstadt liegt unmittelbar an der Grenze zu Belarus. Die Region ist bekannt für ihre unberührte Natur und für ihre ethnische Vielfalt. Polen, Belarussen, Ukrainer und Tataren leben hier friedlich zusammen.
Irena (51) und Tomasz (64) Szczesnowicz gehören zur Minderheit der Tataren, deren türkischsprachige Vorfahren von der Krim einwanderten. Heute sind die polnischen Tataren vollständig integriert, pflegen aber eigene Traditionen und sind gläubige Muslime.
Irena und Tomasz sind seit 30 Jahren verheiratet und betreiben einen Imbissladen im Stadtzentrum von Sokolka. Ihr jüngerer Sohn Samir (12) geht in die Primarschule. Omar (24) ist Gabelstaplerfahrer und strebt eine Karriere im American Football an.
Finanzielle Situation:
- Haushaltseinkommen: 1000 Franken pro Monat
- Kosten fürs Wohnen: Strom, Heizung und Wasser kosten rund 80 Franken pro Monat
- Kosten für die Krankenversicherung: 125 Franken pro Monat
- Steuern: 200 Franken pro Jahr
Sind Sie mit Ihrer Wohnsituation zufrieden?
Tomasz: Ja. Wir wohnen in einem kleinen Haus, das von meinen Eltern gebaut wurde. Schon deshalb ist uns das Haus wichtig.
Irena: Wir haben das Haus etwas umgebaut, damit es besser zu unseren Bedürfnissen passt. Ich bedaure nur, dass ich keine Zeit habe, einen Garten anzulegen.
Was gibt es heute zum Abendessen?
Irena: Pfannkuchen mit Spinat, Käse, Quark und Apfelmus.
Wie lang ist Ihr Arbeitsweg?
Irena: Wir haben bis zu unserem Imbissstand etwa zehn Minuten.
Wie lange arbeiten Sie pro Tag?
Irena: Manchmal arbeiten wir zehn Stunden, manchmal weniger. Als wir den Imbiss eröffneten, unterschätzten wir den Aufwand und die Schwierigkeiten, die uns erwarten würden.
Was bestimmte Ihre Berufswahl?
Irena: Ich war 35 Jahre lang Coiffeuse und sehnte mich nach einer Veränderung. Meine Wahl fiel auf die Gastronomie.
Tomasz: Ich übte verschiedene Berufe aus, arbeitete etwa als Autolackierer und Musiker. Heute helfe ich meiner Frau im Geschäft.
Wie verbrachten Sie Ihre letzten Ferien?
Tomasz: Im Moment können wir uns keine Ferien leisten.
Sparen Sie Geld?
Irena: Zurzeit nicht. Wir steckten unsere Ersparnisse in den Imbiss, aber dann kamen die Covid-Pandemie und die Inflation.
Welchen Luxus leisten Sie sich?
Irena: Ich züchte Kakteen. Das ist mein Hobby. Aber da ich wenig Zeit habe, kann man das wohl auch als Luxus betrachten.
Was sind Ihre grössten Probleme?
Tomasz: Die Teuerung macht uns sehr zu schaffen. Seit dem Krieg in der Ukraine sind die Preise für Lebensmittel, Strom und Wasser stark gestiegen.