Der Bezirk Nakagyoku befindet sich im Zentrum der ehemaligen Kaiserstadt Kyoto. Mitten in historischen Stätten, Tempeln und Museen lebt Ingenieur Kenji Nagamine (67) mit seiner Frau Miyoko (61), Grossmutter Misako (91) und Tochter Hatsumi (31) in einem «Machiya». Das traditionelle Holzhäuschen hat vier Zimmer und eine Küche und liegt in einem 120 Jahre alten Steingarten. Machiya-Bauten in Kyoto sind meist schmal und lang gestreckt und werden auch «Schlafplatz für Aale» genannt. Kenji arbeitet aus finanziellen Gründen immer noch, obwohl er das Rentenalter von 65 Jahren überschritten hat. Miyoko ist meist zu Hause, um die Grossmutter zu betreuen. Tochter Hatsumi wohnt noch bis zu ihrer Hochzeit bei den Eltern, wie das hier in traditionellen Familien üblich ist.
Finanzielle Situation
- Haushaltseinkommen: 3945 Franken pro Monat
- Kosten fürs Wohnen: 1150 Franken pro Monat. Mietverträge gelten in Japan nur 2 Jahre. Bei Erneuerung sind 2 Extramieten fällig.
- Kosten für die Krankenversicherung: 205 Franken pro Monat. Im Krankheitsfall zahlt der Staat 80 Prozent der Kosten.
- Steuern: 4735 Franken pro Jahr
Sind Sie mit Ihrer Wohnsituation zufrieden?
Kenji: Wir lieben das Haus und den Garten. Am meisten Sorgen bereiten uns Taifune: Sie werden immer stärker. Wir haben Angst, dass das Ziegeldach bald nicht mehr standhält.
Was gibt es heute zum Abendessen?
Hatsumi: Gekochten Reis, gebratenen Lachs, Misosuppe, Tofu, Seegras in Essig und eingelegtes Gemüse.
Was machen Sie beruflich?
Kenji: Ich hatte bis vor sieben Jahren einen eigenen kleinen Feinmechanikbetrieb, dieser ging aber bankrott. Seither arbeite ich als Angestellter in einer Firma, die Mechanikteile für die Türen des Hochgeschwindigkeitszugs Shinkansen herstellt.
Hatsumi: Ich bin Stickereifachfrau und arbeite für einen Kimonohersteller.
Miyoko: Ich arbeite hin und wieder als Hotelrezeptionistin, meist aber als Hausfrau.
Wie lange arbeiten Sie?
Kenji: Mein Arbeitstag dauert in der Regel 13 bis 14 Stunden.
Hatsumi: Meiner über 10 Stunden pro Tag.
Wie lange ist Ihr Arbeitsweg?
Kenji: Wenn es nicht regnet, bin ich mit dem Velo unterwegs. Sonst mit der U-Bahn. Beides dauert rund 30 Minuten.
Hatsumi: Ich brauche mit der U-Bahn ebenfalls eine halbe Stunde.
Wo haben Sie Ihre letzten Ferien verbracht?
Miyoko: Das ist zwei Jahre her. Vor der Coronapandemie verbrachten wir ein paar Tage in Kanazawa an der Nordküste Japans.
Sparen Sie Geld?
Miyoko: Wir versuchen, regelmässig ein wenig Geld auf die Seite zu legen.
Wie hat Corona Ihr Leben verändert?
Kenji: In Japan herrschen zum Teil scharfe Coronaregeln. In einigen Landesteilen müssen Restaurants bereits um 20 Uhr schliessen. Und vielerorts wurden die Arbeitszeiten gekürzt: Auch ich gehe oft schon nach neun Stunden in den Feierabend.