Am Berner Inselspital verdienten Fachangestellte Gesundheit mit 20 Jahren Berufserfahrung im vergangenen Jahr rund 70 000 Franken. Plus einen Kugelschreiber – doch dazu später.
Uwe E. Jocham ist Direktor des Inselspitals, das einer Stiftung und dem Kanton gehört. Er kassierte für seine Arbeit letztes Jahr 670 000 Franken. Sein Gehalt war also 600 000 Franken höher als das Salär der Fachangestellten Gesundheit – und 170 000 Franken höher als der Lohn seines Vorgängers. Trotzdem sagt der Verwaltungsratspräsident des öffentlichen Spitals, Bernhard Pulver, er habe «ein sehr gutes Gefühl».
Das ist erstaunlich. Denn Jochams Lohn ist anderthalb Mal so hoch wie derjenige eines Bundesrats. Oder, um beim Inselspital zu bleiben: Eine erfahrene Pflegefachkraft muss fast zwei Wochen lang arbeiten, damit sie so viel verdient wie der Direktor an einem Tag.
Kantonsspitäler mauern bei Fragen zu Cheflöhnen
Eigentlich hätte saldo gerne die Direktorensaläre aller 26 Kantonsspitäler aufgelistet. Und zwar bis ins Detail: Fixlohn, Leistungs- oder Erfolgsanteile und Boni. Und mit allfälligen Lohnbestandteilen, von denen Normalverdiener nur träumen können: Prämien für Krankenkasse und Lebensversicherung, Privatnutzung des Geschäftsautos, SBB-Generalabo, Handy sowie überproportionale Beteiligung an den Pensionskassenbeiträgen. So detailliert listet der Bund jeweils die Zahlen für die bundesnahen Betriebe auf. Doch die meisten Kantonsspitäler gaben gegenüber saldo nur das Nötigste preis, obwohl sie mit Steuer- und Prämiengeldern finanziert werden.
Einige mauerten komplett: «Wir verzichten auf die Teilnahme an Ihrer Umfrage», teilte etwa das Kantonsspital Aarau zunächst mit. «Wir erteilen grundsätzlich keine Auskünfte über Personalangelegenheiten», tönte es aus Liestal BL. Und in Altdorf UR hiess es: «Wir kommunizieren generell keine Einzellöhne.»
Ausser dem Kantonsspital Neuenburg lieferte kein einziges Spital detaillierte Zahlen. Deshalb lassen sich die Löhne, die saldo recherchierte, kaum vergleichen (siehe Tabelle im PDF). Denn es ist nicht klar, ob die rudimentären Angaben, welche einige Spitäler – teils erst auf beharrliches Nachfragen – lieferten, Lohnelemente wie Spesenpauschalen oder hohe Arbeitgeberbeteiligungen an Pensionskassenbeiträgen enthalten. Es zeigt sich trotzdem, dass die Spitaldirektoren nicht darben müssen.
Genfer Direktor musste nach Protesten auf Bonus verzichten
Auch Gregor Zünd nicht. Vergangenen Herbst deckte der «Beobachter» auf, dass der Direktor des Unispitals Zürich je einen 100-Prozent-Lohn vom Unispital und von der Universität Zürich erhält. Zahlen konnte der «Beobachter» nicht nennen. Auch gegenüber saldo mauerte das Unispital lange. Erst ein Gesuch nach Informations- und Datenschutzgesetz brachte die Spitalverantwortlichen zum Einlenken. Sie teilten mit, Zünd erhalte jährlich rund 650 000 Franken. Damit ist er auf Tuchfühlung mit Inselspital-Chef Jocham.
Für Aufsehen sorgte Anfang Jahr der Fall von Bertrand Levrat. Der Chef des Unispitals Genf hätte «wegen seines ausserordentlichen persönlichen Engagements» während der Coronakrise 450 000 statt 380 000 Franken erhalten sollen. Aufgrund öffentlicher Proteste verzichtete er. Allerdings verzichtete Anfang Mai dann auch das Genfer Kantonsparlament darauf, dem Pflegepersonal einen Bonus von 1000 Franken für 2020 auszuzahlen.
Zurück zu den Fachangestellten Gesundheit: Im Durchschnitt der Kantone, von denen saldo die Zahlen beschaffen konnte, betrug ihr Einstiegslohn letztes Jahr gut 58 000 Franken. Nach zwanzig Jahren im Beruf dürfte der Lohn bei rund 75 000 Franken liegen.
Nun zum Kugelschreiber. Nebst dem Applaus aus der Bevölkerung erhielt das Pflegepersonal des Berner Inselspitals vergangenes Jahr auch einen Kugelschreiber. Anlass war der 200. Geburtstag von Florence Nightingale, die als Begründerin der modernen Krankenpflege gilt. Einen Bonus für die Arbeit während der Coronapandemie erhielten die Pflegerinnen nicht.