Wie es Argentinien geht? Zwei Zahlen sagen es: 40 Prozent Armut, 140 Prozent Inflation im Vergleich zum Vorjahr. Das macht auch Romina Martinez (39) und Federico Pellagatti (46) zu schaffen. Die Eltern verdienen zu viel, um staatliche Hilfen zu bekommen. Gleichzeitig ist ihr Einkommen zu klein, um die Preissteigerungen locker wegzustecken. Dennoch fühlen sie sich privilegiert: Sie zahlen keinen Mietzins und ihre Gehälter gehen ein Stück weit mit der Inflation mit, weil sie im öffentlichen Dienst beschäftigt sind.
Federico arbeitet als Sozialarbeiter. Romina geht in Armenviertel, um Schulabbrecher dazu zu bewegen, in den Klassenraum zurückzukehren. Die zwei Söhne Ramiro (11) und Pedro (9) besuchen die Schule.
Finanzielle Situation
- Haushaltseinkommen: 1100 Franken brutto pro Monat
- Kosten fürs Wohnen: Zirka 18 Franken für Nebenkosten
- Kosten für Krankenversicherung: In den Steuern inbegriffen
- Steuern: 1800 Franken pro Jahr
Sind Sie mit der Wohnsituation zufrieden?
Federico: Sehr. Wir haben viel Platz, einen Garten und keine direkten Nachbarn. Ramiro kann Schlagzeug spielen, ohne dass er irgendjemanden stört.
Wie lange ist Ihr Arbeitsweg?
Romina: Eine halbe Stunde mit dem Auto.
Federico: Ich benötige mit dem Velo etwa 30 Minuten.
Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Federico: Das ist bei uns beiden ähnlich: Wir waren sozial engagiert und sind in den Beruf hineingerutscht.
Wie viele Stunden arbeiten Sie pro Tag?
Romina: Offiziell von 8 bis 16 Uhr. Aber mein Beruf ist für mich ein Herzensanliegen. Die Jugendlichen können sich jederzeit melden.
Federico: Ich komme auf etwa 40 Stunden.
Wo waren Sie zuletzt in den Ferien?
Romina: Wir gingen im Sommer fünf Tage an der argentinischen Küste campen.
Sparen Sie Geld?
Federico: Wir versuchen, jeden Monat ein paar Pesos auf ein Festgeldkonto einzuzahlen – die Zinsen sind immerhin so hoch, dass das Geld nicht durch die Inflation aufgefressen wird.
Wo spüren Sie die hohe Inflation im Alltag?
Romina: Vor allem beim Essen. Die Preise steigen ständig.
Federico: Wir setzen Prioritäten. Kleidung wird ausgetragen. Aber wenn sich die Kinder ein Buch oder ein Musikinstrument wünschen, dann sparen wir nicht.
Welches Thema beschäftigt Sie am meisten?
Romina: Soziale Gerechtigkeit. Wie soll ich Schulabbrecher dazu bewegen, wieder in den Unterricht zu gehen, wenn sie kein Geld für den Bus haben?
Federico: Mich beschäftigt die politische Polarisierung. Ein Teil der Argentinier wünscht sich einen starken Staat, der andere absolute Marktfreiheit. Wir sehen jeden Tag bei der Arbeit, wie wichtig ein öffentliches Gesundheits- und Bildungssystem ist.