Reinhard Stiefel aus Richterswil ZH lässt seine Post an ein Postfach schicken. Dort holt sie der Weinhändler täglich ab. «Das ist praktisch für mich und sicherer als im Briefkasten.»
Stiefel nutzt die Postfachanlage der Filiale in seinem Wohnort seit 44 Jahren. Das war für ihn bisher immer gratis. Doch vor zwei Wochen erhielt der langjährige Kunde einen Brief von der Post: Für das Postfach verlange man ab nächstem Jahr einen «fairen Preis» von 120 Franken. Stiefel ist empört: «So geht man nicht mit seinen treusten Kunden um. Ich spare der Post Kosten, weil ich meine Briefe selbst abhole, statt dass der Pöstler zu mir kommt.»
Andere Kunden ärgern sich ebenfalls. Etwa ein saldo-Leser aus Luzern, der seit 25 Jahren jeweils am Morgen seine Tageszeitung aus dem Postfach nimmt. Nun hat er das Fach aus Kostengründen gekündigt: «Das ist ein weiterer Serviceabbau der Post.»
Die Post spricht in ihrem Ankündigungsbrief an die betroffenen Kunden nur von Vorteilen – trotz der Preiserhöhung. Etwa: «Den Standort Ihres Postfachs können Sie neu frei in der gesamten Schweiz wählen.» Für Reinhard Stiefel ist das ein Witz: «Keiner braucht ein Postfach in einer fremden Gemeinde.» Auf Anfrage von saldo gibt die Post zu, sie wolle Postfächer abbauen, «um Mietausgaben für Postfachstandorte zu senken». Die Post erklärt weiter, die Neuerung habe auch Vorteile für Leute, die weniger als fünf Briefe pro Tag erhalten. Sie bezahlten bisher 240 Franken, neu nur noch 120 Franken.
Beim Preisaufschlag für Postfächer handelt es sich um eine einseitige Vertragsänderung, die man als Kunde nicht akzeptieren muss. Tipp: Postfach bis Ende November kündigen – und sich künftig seine Post gratis nach Hause liefern lassen.
Auch Briefe ins Ausland werden teurer
Nicht nur die Postfächer kosten ab Anfang 2022 mehr, auch das Porto für Briefe wird teurer (saldo 13/2021). Preiserhöhungen kommen auch auf Kunden zu, die Auslandsendungen aufgeben. So schlagen etwa Briefe in ein anderes europäisches Land bis zu 50 Prozent auf. Bisher verlangte die Post für einen bis 500 Gramm schweren Grossbrief im Format B4 8 Franken. Neu fordert sie dafür 12 Franken. Europa-Kleinsendungen werden bis zwei Drittel teurer: Ein Maxibrief mit Waren bis zu einem Kilo Gewicht schlägt von 12 auf 20 Franken auf. Die Zolldeklaration für Auslandsendungen kostete bisher am Schalter 3 Franken, ab nächstem Jahr 5 Franken. Die Post schreibt saldo, Auslandsendungen würden neu immer als «Priority» verschickt. Sie sollten also etwa nach Deutschland in zwei bis vier statt wie bisher in vier bis acht Tagen ankommen.
Dienstleistungen am Postschalter werden ebenfalls teurer: Bislang konnten Kunden dort gratis veranlassen, dass ein Paket bei Abwesenheit deponiert oder einem Nachbarn übergeben wird. Neu kostet das 12 Franken.