Seit mehr als drei Jahren leidet Estella Devonas an den Langzeitfolgen einer Covid-Infektion. Die Krankheit hat das Leben der 44- Jährigen aus Scharans GR radikal verändert. Ihren Beruf als Kunstpädagogin musste sie aufgeben. Bergwanderungen kann sie nicht mehr machen.
Sie probierte mehrere Therapien aus. In der Ergotherapie lernte sie das sogenannte Pacing, das Einteilen der Kräfte. Sie habe von Arzneimitteln profitiert, die nicht zugelassen sind für ihre Krankheit.
Auch eine Sauerstofftherapie und Spritzen mit einem Narkosemittel hätten ihr kurzfristig geholfen, sagt sie. Die Symptome des sogenannten Long Covid sind vielfältig. Viele Patienten leiden unter Atemnot, Herzproblemen, Konzentrationsstörungen und Depressionen.
Allerdings ist es für Ärzte schwierig, zwischen den Langzeitfolgen einer Covid-Infektion und den Nebenwirkungen der Covid-Impfung, dem sogenannten «Post-Covid-Vac-Syndrom», zu unterscheiden. Denn die Symptome sind teilweise ähnlich. Das schreibt der Forscher Felix Scholkmann von der Universität Zürich in einer Übersichtsstudie, die vor zwei Jahren in der Fachzeitschrift «Pathology» erschien. Bei Estella Devonas war der Fall klar, denn sie hatte sich nicht gegen Covid impfen lassen.
Swica gibt 20 Prozent Rabatt für Atemtrainings
Gegen Long Covid bieten Kliniken und Arztpraxen eine grosse Vielfalt von Behandlungen an: Die Klinikkette Prevention Center mit mehreren Standorten in der Schweiz etwa wirbt für die Behandlung mit Sauerstoff in einer Überdruckkammer. Die Krankenkasse Swica gewährt Mitgliedern 20 Prozent Rabatt für ein Atemtraining mit dem Airofit-Gerät. Das Gerät mit Mundstück soll den Atemwiderstand erhöhen und so die Atmung verbessern. Und die Aeskulap-Praxis in Zug bietet eine Long-Covid-Therapie an, zu der Vitamine, Ozon und die Einnahme von Darmbakterien gehören.
Der Nutzen der meisten Therapien ist nicht nachgewiesen. Zu diesem Schluss kommt die deutsche Fachzeitschrift «Der Arzneimittelbrief». Sie hat Daten zu diversen Therapien analysiert. Demnach ist der Nutzen nur bei drei Behandlungen belegt:
- Kognitive Verhaltenstherapie: Die Teilnehmer lernen, mit Erschöpfung, Schlafstörungen, Ängsten und Schmerzen umzugehen. Thomas Brack, Chefarzt am Kantonsspital Glarus, sagt, die Verhaltenstherapie sei bei psychischen Beschwerden und Konzentrations- und Gedächtnisstörungen «sinnvoll und hilfreich».
- Rehabilitationsprogramm: Dazu gehören Gespräche mit Therapeuten, ein Fitnesstraining und Pacing. Der Lungenspezialist Marc Maurer vom Kantonsspital Olten sagt, solche Programme hätten sich auch bei anderen chronischen Krankheiten bewährt. Deshalb habe sein Spital sie auch für Long-Covid-Patienten eingeführt.
- Ausdauertraining. Marc Maurer sagt, Patienten, die im Alltag schnell erschöpft seien, würden von dem Training mit Ergometer, Aquafitness und anderen Methoden profitieren. Es verbessere die körperliche Leistung und die Fähigkeit, sich zu konzentrieren.
Sauerstofftherapien und Atemtrainings bringen wenig
Andere Behandlungen wie das Atemtraining oder Sauerstofftherapien haben laut dem «British Medical Journal» keinen Nutzen gezeigt. Marc Maurer sagt, das Atemtraining sei ein Teil von Rehabilitationsprogrammen. Als alleinige Therapie helfe es aber «wahrscheinlich zu wenig». Die Firma Airofit, die Geräte fürs Atemtraining herstellt, sagt, eine neue Übersichtsstudie habe bewiesen, dass ihre Geräte Patienten helfen. Das Prevention Center räumt ein, es gebe keine Langzeitstudien zum Nutzen der Sauerstofftherapie. Die Klinikkette habe jedoch «vereinzelt positive Rückmeldungen» von Patienten erhalten.
Informationen zu Long Covid