Mit dem Slogan «Früherkennung schützt vor Krebs» wirbt der Naturarzt Holger Hannemann aus Herisau AR auf seiner Internetseite für eine sogenannte Dunkelfeldanalyse. Diese könne die «Tumorneigung des Patienten» bestimmen, schreibt Hannemann. Kosten: rund 126 Franken.
Bei der Dunkelfeldanalyse entnehmen Therapeuten den Patienten einen Tropfen Blut aus dem Finger oder Ohrläppchen. Das frische Blut untersuchen sie in einem speziellen Mikroskop. Dieses vergrössert die Blutzellen 1000-fach und beleuchtet sie von der Seite. Die Bestandteile des Blutes erscheinen hell, der Hintergrund bleibt dunkel. Aus den Strukturen ziehen die Therapeuten dann ihre medizinischen Schlüsse.
Angebliche Verklumpung von Eiweissen im Blut
Zahlreiche Heilpraktiker bieten diese Analyse an, so etwa die Naturheilpraktikerin Liliane Käser aus Wil SG. Sie schreibt auf ihrer Internetseite, dass sich im Blut Eiweisse befinden, die sich «verstaatlichen», also zusammenklumpen, können und so zu Bakterien oder Pilzen werden. Diese könnten Krankheiten wie Krebs auslösen. Solche Vorstadien von Krebs sollen im Dunkelfeldmikroskop sichtbar sein. Kosten bei Liliane Käser: 230 Franken. Auch die Naturheilpraktikerin Raffaella Valentino aus Zürich setzt auf die Dunkelfeldanalyse.
Erfinder der Dunkelfeldanalyse war der deutsche Insektenforscher Günther Enderlein, der 1968 starb. Er ging von der Idee aus, dass im Blut Eiweisse existieren, die sich bei ungesunder Lebensweise zu Bakterien und Pilzen entwickeln und Krankheiten wie Brust-, Darm- und andere Krebsarten auslösen können.
Experten schütteln den Kopf. Die Frauenärztin Teelke Beck aus Richterswil ZH spottet: «Diese Methode ist gegen Brustkrebs nicht viel besser, als auf der Chilbi in eine Glaskugel zu schauen.» Der Darmkrebsspezialist Urs Marbet vom Kantonsspital Uri sagt, die Dunkelfeldanalyse habe für ihn «keine Bedeutung», um Krebs frühzeitig zu erkennen. Auch die Krebsliga schreibt, diese Analyse sei «absolut ungeeignet», Krebs zu erkennen.
Forscher der deutschen Universität Giessen wiesen bereits 2005 nach, dass man mit der Dunkelfeldanalyse Krebs nicht frühzeitig erkennen kann: Ein erfahrener Heilpraktiker untersuchte die Blutproben von 110 Personen, ohne dass er ihre Diagnose kannte. Zwölf von ihnen hatten einen Krebstumor. Der Heilpraktiker erkannte nur drei der zwölf Krebspatienten. Dafür tippte er bei 30 gesunden Personen auf Krebs.
Holger Hannemann bekräftigt gegenüber saldo, er könne mit der Dunkelfeldmikroskopie Hinweise erkennen, die auf «eine Krebsbereitschaft hindeuten könnten». Liliane Käser schreibt saldo, dass praktische Erfahrungen die Theorie von Enderlein bestätigen würden. Sie habe bei einer Patientin Krebs festgestellt, ohne dass sie über diese Person Bescheid wusste. Die Patientin habe ihr darauf bestätigt, dass sie diese Diagnose habe. Solche Beispiel gebe es immer wieder.
Diese Vorsorgeuntersuchungen sind sinnvoll
Fakt ist: Es gibt nur wenige Krebsarten, die man frühzeitig erkennen kann. Eine davon ist Dickdarmkrebs: Dazu ist ein Untersuch des Stuhls oder eine Darmspiegelung nötig. Spezialist Urs Marbet rät Personen ab 50, alle zwei Jahre einen Stuhltest oder alle zehn Jahre eine Darmspiegelung machen zu lassen.
Auch Hautkrebs kann man frühzeitig erkennen (siehe Merkblatt). Das ist wichtig für Personen ab 35, die sehr hellhäutig und häufig der Sonne ausgesetzt sind oder viele oder grosse Muttermale haben. Familiäre Vorbelastung kann ebenfalls zu einem höheren Krebsrisiko führen. Solche Personen sollten alle ein bis zwei Jahre ihre Haut untersuchen lassen. Ebenfalls in einem frühen Stadium lässt sich Gebärmutterhalskrebs feststellen. Frauenärztin Teelke Beck rät Frauen von 21 bis 65, sich alle drei Jahre einem Test beim Frauenarzt zu unterziehen.
Gratis-Merkblatt «Vorsorgetests»:
Zum Herunterladen auf www.saldo.ch oder zu bestellen gegen ein frankiertes und adressiertes C5-Antwortcouvert bei: saldo, «Vorsorgetests», Postfach 277, 8024 Zürich