Geht in der Schweiz eine Bank Konkurs, werden Guthaben bis maximal 100 000 Franken pro Kunde privilegiert behandelt. Das heisst, im Idealfall erhalten sie ihr Geld innert Tagen aus dem Vermögen der überschuldeten Bank ausbezahlt. Reichen die Mittel nicht, bleibt als letzte Hoffnung der Verein «Einlagensicherung der Schweizer Banken und Effektenhändler» (saldo 8/14).
Der Verein hat nach einer Bankenpleite die Aufgabe, bei den noch zahlungsfähigen Banken das fehlende Geld einzutreiben. Allerdings beschränkt das Gesetz den Höchstbetrag auf 6 Milliarden Franken. Das reicht nirgendwo hin: Müssten alle abgesicherten Spargelder auf ein Mal ausbezahlt werden, wären 423 Milliarden Franken nötig. Problematisch ist, dass der Verein das Geld für Kleinsparer erst im Nachhinein einsammelt. Dadurch werden den übrigen Banken flüssige Mittel entzogen. Das kann eine Krise verschärfen. Fazit: Der bestehende Einlegerschutz, der im Dezember 2008 als Folge der Bankenkrise als Notlösung eingeführt wurde, ist löcherig.
Das sieht auch der Internationale Währungsfonds (IWF) so. Im März hat eine Delegation dieser Uno-Organisation die Wirtschafts- und Finanzlage der Schweiz geprüft. Die Experten kamen zum Schluss, dass die Schweiz den Einlegerschutz verbessern und den neuen internationalen Standards anpassen sollte. Insbesondere regt der IWF an, einen Fonds einzurichten, den die Banken schon vor einer Krise äufnen. Nur so sei gewährleistet, dass im Krisenfall sofort Geld für die Auszahlung von Kleinsparern bereitstehe – wie das in anderen Ländern schon der Fall ist. So beschloss das EU-Parlament im April neue Mindeststandards für die Einlagensicherung aller 28 EU-Staaten. Es sind mindestens 100 000 Euro pro Kunde und Bank abgesichert (rund 125 000 Franken). Neu müssen alle Staaten einen Einlagensicherungsfonds einrichten, der innert zehn Jahren mindestens 0,8 Prozent der gesicherten Einlagen umfasst. Das sind aktuell insgesamt 55 Milliarden Euro (knapp 69 Milliarden Franken).
Schweizer Banken verhinderten besseren Schutz der Sparer
Jede Bank zahlt anteilsmässig in den Fonds ein. Berücksichtigt werden dabei die verwalteten geschützten Gelder. Zudem müssen Banken, die risikoreiche Geschäfte tätigen, höhere Zuschüsse leisten. Die Frist für die Entschädigung der Sparer im Krisenfall soll von heute 20 Tagen bis ins Jahr 2024 schrittweise auf 7 Tage gesenkt werden.
Laut der Pressestelle des EU-Parlaments hat bereits heute die Hälfte der Mitgliedsländer einen Fonds, der mindestens 0,8 Prozent abdeckt. Bei einem Drittel der Mitgliedstaaten betragen die Mittel über 1 Prozent. Einige liegen sogar bei 3 Prozent.
Ein Fonds mit 3 Prozent aller gesicherten Einlagen stand auch in der Schweiz zur Diskussion. Nach dem Beinahekollaps der UBS überarbeitete der Bundesrat den Einlegerschutz und schickte 2009 ein entsprechendes Gesetz in die Vernehmlassung. Es sah ein zweistufiges System vor: Einen im Voraus durch die Banken finanzierten öffentlich-rechtlichen Fonds zur Sicherung der Einlagen von 9,75 Milliarden Franken und einen Bundesvorschuss. Letzterer wäre zum Tragen gekommen, wenn die Mittel des Fonds erschöpft gewesen wären.
Beat Bernet, Professor für Bankwirtschaft an der Uni St. Gallen, entwickelte das neue Einlagenschutzsystem für das Finanzdepartement. «Der damalige Vorschlag hat alle Elemente der von der EU nun beschlossenen und vom IWF geforderten Lösung bereits vorweggenommen», hält er fest.
Die Bankverbände und Grossbanken sträubten sich jedoch gegen den besseren Schutz der Sparer. Und die Kantonalbanken fanden, bei ihnen seien die Sparer durch die Staatsgarantie ja schon abgesichert. Die Kantone stellten sich gegen die Vorlage, weil sie befürchteten, dass ihnen die Kantonalbanken wegen der Prämien künftig weniger Gewinn abliefern.
Kein Wunder, liess der Bundesrat die Vorlage in der Versenkung verschwinden. Zum Nachteil der Kleinsparer. Für Bernet ist klar: Die Schweiz hat heute «im Vergleich zur EU» ein «deutlich schwächeres Einlagenschutzsystem».