Am 24. Dezember 2015 erhielt die über 90-jährige Ursula Götschel (Name geändert) in einem Altersheim im Zürcher Oberland Post aus Bern. Darin war eine Verfügung der AHV: Ihre bisherige Monatsrente von 1542 Franken erhöhe sich um gut 300 Franken – und zwar rückwirkend ab 1. Dezember 2010.
Bereits am 29. Dezember gingen auf ihrem Bankkonto 20 488 Franken ein. Und am 7. Januar erhielt sie die erhöhte Monatsrente von 1880 Franken.
Jahrelang nur eine Alters- statt eine Witwenrente erhalten
Das Weihnachtsgeschenk hat Götschel einem aufmerksamen Angehörigen zu verdanken. Er stellte im Dezember fest, dass sie statt der ihr zustehenden Witwenrente nur eine einfache Altersrente erhielt. Dabei war sie seit 1999 verwitwet. Damals starb ihr geschiedener Mann. Sie versäumte es aber, dies der zuständigen AHV-Stelle zu melden. Nicht etwa aus Nachlässigkeit, sondern weil sie nicht wusste, dass ihr als Geschiedene eine Witwenrente zustand.
Insgesamt über 40 000 Franken entgangen
Die AHV hat die Differenz zur Witwenrente rückwirkend ausgeglichen – aller- dings nur für fünf Jahre. Denn laut Gesetz verjähren Ansprüche an die AHV nach Ablauf dieser Frist.
In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Ursula Götschel entgingen seit Mai 1999, dem ersten Monat nach dem Tod des einstigen Ehemanns, bis November 2010 Monat für Monat rund 300 Franken Rentengeld – insgesamt über 40 000 Franken. Darüber mag sich die alte Dame aber nicht aufhalten. Sie freut sich vielmehr über das unerwartete Weihnachtsgeschenk von 20 000 Franken.
Das Gesetz schreibt vor, dass Rentner jede Änderung ihrer persönlichen Verhältnisse, die sich auf die Höhe der Rente auswirken kann, von sich aus melden müssen.
Diese Mitteilungspflicht gilt auch im Fall einer möglichen Kürzung – etwa wenn eine Witwe wieder heiratet. Dann verliert sie nämlich den Anspruch auf die Witwenrente. Setzt sie die AHV davon nicht in Kenntnis, kann sie sich strafbar machen.
Es gilt die Regel: Wer nichts verlangt, der erhält nichts
Bei der AHV gilt das Prinzip: keine Leistung ohne Anmeldung. Wer rechtzeitig eine Altersrente sehen will, muss bei der Ausgleichskasse, bei der er zuletzt AHV-Beiträge einbezahlt hat, vorstellig werden – am besten drei bis vier Monate vor Erreichen des Rentenalters.
Das Meldeprinzip gilt auch bei Änderungen in den persönlichen Lebensverhältnissen, die eine Erhöhung oder Kürzung der Rente zur Folge haben können – etwa Heirat, Scheidung oder Verwitwung. Nachstehende Fälle bewirken eine höhere Rente:
- Verheiratete Frauen, deren Gatte stirbt, erhalten eine Witwenrente, wenn sie im Zeitpunkt der Verwitwung Kinder haben oder über 45 Jahre alt sind und mindestens 5 Jahre verheiratet waren.
- Geschiedene Frauen, deren ehemaliger Mann stirbt, erhalten eine Witwenrente, wenn sie Kinder haben und die Ehe mindestens 10 Jahre gedauert hat, wenn sie bei der Scheidung älter als 45 Jahre waren und die Ehe mindestens 10 Jahre gedauert hat oder wenn das jüngste Kind sein 18. Lebensjahr erst vollendet, nachdem die Mutter 45 Jahre alt geworden ist.
- Verheiratete und geschiedene Männer, deren (ehemalige) Gattin stirbt, erhalten eine Witwerrente, sofern sie im Zeitpunkt der Verwitwung minderjährige Kinder haben.
- Kinder bis 18 Jahre oder in Ausbildung, deren Mutter oder Vater stirbt, erhalten eine Waisenrente. Beim Tod beider Elternteile haben sie Anspruch auf zwei Renten.
- Eheleute, die sich scheiden lassen, erhalten neu je eine Einzelrente. Diese liegt oft höher als die Rente in der Ehe.
- Wer im Rentenalter Vater wird, hat Anspruch auf eine Kinderrente. Dasselbe gilt für Pensionierte mit Kindern, die minderjährig oder in Ausbildung sind.
Tipp: Pensionierte sollten ihre persönlichen Verhältnisse regelmässig überprüfen und allfällige Änderungen melden. Wer dies nicht macht, kann Rentenansprüche verlieren. Wer zu viel Rentengelder bezogen hat, muss diese zurückzahlen. Wer Änderungen nicht meldet, kann strafrechtlich verfolgt werden.
Alles zur Altersvorsorge im saldo-Ratgeber «Gut vorsorgen: Pensionskasse, AHV und 3. Säule» (18. Aufl., 253 S., Fr. 27.–).