Für Coop komponierte Roman Camenzinds Hitmill AG die Songs «Es Truckli vou Liebi» oder «I love», für die Migros den Weihnachtssong «Ensemble». Auch in der Sparte Telecom beliefert Camenzinds Firma die Grössten der Branche: Für die Swisscom schrieb Camenzind die Musik zur Kampagne «Sonne, Wind und Wasser». Ein Jahr später bestellte Konkurrent Orange (heute Salt) Musik für die «Freedom Colors»-Kampagne. Für Sunrise schrieb Camenzind den Firmen-Song «A new day». Und für den Kabelnetzbetreiber Cablecom vertonte Hitmill die «Come Together»-Kampagne.
Kennt Roman Camenzind die Vorlieben der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten besser als andere? Camenzind selbst sagt, er orientiere sich in seiner Arbeit stets am eigenen Musikgeschmack. Und der liege wohl nicht sehr weit vom Mainstream entfernt.
Werbespotsongs schaffen es in die Hitparade
Die Firmenmusik wird manchmal gratis auf digitalen Kanälen wie Youtube oder Facebook verbreitet oder als Geschenk an Kunden abgegeben. Die Songs wurden aber auch regulär verkauft. So oft, dass sie schon auf den vordersten Hitparadenplätzen landeten: Der Bio-Song von Coop, «I love», erreichte 2012 Platz 1 der Schweizer Hitparade, eine abgewandelte Version davon zwei Jahre später Platz 2. Auch die Migros brachte es mit dem Weihnachtssong «Ensemble» auf Platz 1. Der SBB-Song «Welcome Home» blieb immerhin vier Wochen in der Hitparade.
Wenn die Grosskonzerne Hits produzieren lassen, steckt eine Absicht dahinter: Die Musik soll die Emotionen ihrer Werbespots transportieren und eine positive Stimmung schaffen, die sich auf ihre Produkte und ihr Unternehmen überträgt.
Die Rezepte der Hitfabrik
Roman Camenzinds Firma heisst Hitmill. Das englische Wort «mill» hat zwei Bedeutungen: Mühle und Fabrik. «Unser Name ist Programm», heisst es auf der Website von Hitmill. Mit anderen Worten: Musik, die der Masse gefällt und eine optimale Werbewirkung entfaltet, lässt sich durch Arbeit herstellen. «Stimmigkeit» ist dabei für Camenzind der Schlüssel zum Erfolg. Er erklärt: «Wenn der Auftraggeber einen Fussballsong will, geht es musikalisch um Tempo und Kraft, da kann ich keine Ballade vorschlagen.»
Einige Merkmale, die bei den Auftraggebern wie den Konsumenten bestens ankommen: In Hitmill-Songs ist der Gesang mehrer Personen oftmals einstimmig arrangiert. Das verleiht dem Stück eine gewisse Schlichtheit. Auch bei den Klangfarben gibt es Vorlieben: Der silbrig-helle Klang des Glockenspiels sorgt für Feierlichkeit, beispielsweise in den Weihnachtssongs von Coop und Migros, aber auch in der Sunrise-Firmenhymne «A new day». Akustische Saiteninstrumente wie Gitarre, Ukulele oder gezupfte Violine geben der Hitmill-Musik einen natürlichen Klang.
Hitmill hat bei den Firmensongs einen Hang zum Singer/Songwriter-Stil und zum Folkrock. Dahinter steckt Camenzinds Erkenntnis: Wer in der Schweiz erfolgreich produzieren will, darf die ländliche Schweiz nicht vergessen. Das Publikum auf dem Land sei musikalisch offener und höre, was ihm gefalle. «Für viele Hipster in den Städten ist Musik eine Art Kleidungsstück, um sich in erster Linie selbst zu produzieren und abzugrenzen», sagt Camenzind. Für ihn ist klar: Dass der Stadtzürcher Rapper Bligg Handorgel und Hackbrett in die Musik einbaute, sei ein wichtiger Faktor für seinen landesweiten Erfolg gewesen.
Die Rezepte der Hitfabrik
Die luftig-leichten und doch geerdeten, folkigen Songs aus dem Hause Hitmill passen insbesondere gut zum natürlichen und nachhaltigen Image, das sich Coop geben will. Seit mehr als einem Jahr hat sich Coop denn auch die exklusive Zusammenarbeit mit Hitmill gesichert. Der Weihnachtssong, den die Migros im Dezember für ihre Weihnachtskampagne einsetzte, stammt noch aus der Zeit vor dem Coop-Exklusivvertrag.
Wie viel seine Arbeit kostet, will Camenzind nicht sagen. Er gibt lediglich an, dass die Aufträge für Firmenspots mittlerweile etwa die Hälfte des Umsatzes bringen.