Trotz der vielen Raketenangriffe versuchen die Menschen in Kiew, ihren Alltag so normal wie möglich zu gestalten. Auch Bars, Cafés und Restaurants sind geöffnet. Einzig die Ausgangssperre ab 23 Uhr und regelmässige Stromunterbrüche erinnern daran, dass Krieg herrscht.
Maria (30) und Sasha Basarab (31) wohnen mit ihrer dreijährigen Tochter Marta in einer Eigentumswohnung im obersten Stockwerk eines 16-stöckigen Blocks im Süden der Stadt. Die Zweizimmerwohnung ist eng: Das Wohn- ist zugleich das Kinderzimmer. Durch die Fenster der Wohnung hat man normalerweise einen schönen Ausblick auf das nächtliche Kiew. Doch abends leuchten auch in der Hauptstadt keine Lampen mehr – um den Russen keine Angriffsziele zu bieten.
Maria arbeitet für eine Start-up-Firma, die Ausbildungs-Software herstellt. Sasha ist in der Marketingabteilung eines Lebensmittelherstellers tätig.
Finanzielle Situation
- Haushaltseinkommen: 3700 Franken brutto pro Monat
- Kosten fürs Wohnen: 50 bis 75 Franken für Strom und Heizung pro Monat
- Kosten für die Krankenversicherung: Werden vom Arbeitgeber übernommen
- Steuern pro Jahr: 9100 Franken
Wie geht es Ihnen in Kiew?
Maria: Bis Mitte Oktober fühlten wir uns sicher in unserer Wohnung. Dann aber begannen die Russen, die Infrastruktur anzugreifen.
Sasha: Vor dem Krieg wollten wir in die EU auswandern. Wir blieben dann aber hier, weil das Leben in der Ukraine billiger ist als in westeuropäischen Ländern.
Was gibt es heute zum Abendessen?
Sasha: Wir wärmen tiefgefrorene Pasta auf.
Wie lange arbeiten Sie?
Sasha: Wir arbeiten beide Vollzeit und sind abends nach acht Stunden wieder zu Hause.
Wie sind Sie zu Ihren Berufen gekommen?
Maria: Wir haben beide eine Marketingausbildung absolviert.
Welche Verkehrsmittel benutzen sie?
Maria: Ich benutze das Auto, da ich unsere Tochter täglich zum Kindergarten bringe.
Sasha: Ich benutze öffentliche Verkehrsmittel.
Sparen Sie Geld?
Sasha: Nein, da wir noch die Wohnung abzahlen müssen.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Sasha: Vor dem Krieg waren wir viel unterwegs und gingen auch auf Reisen. Das ist zurzeit aber nicht möglich, da ich als wehrfähiger Mann das Land nicht verlassen darf.
Welchen Luxus leisten Sie sich?
Maria: Luxus heisst für uns, dass wir genug Geld für das Essen haben.
Wie hat der Krieg Ihr Leben verändert?
Sasha: Wir sind froh, dass wir unsere Jobs noch haben und der Krieg uns bislang nicht allzu stark betroffen hat – ausser der Reisefreiheit, die ich als erwachsener Mann verloren habe.
Maria: Im Unterschied zu anderen Ukrainern geht es uns noch immer gut. Aber der Krieg hat uns emotional sehr erschöpft. Viele Freunde haben die Ukraine verlassen – und wir wissen nicht, wann und ob sie überhaupt zurückkehren.