Der Haarausfall als Goldgrube
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saldo 14/2002
11.09.2002
Neue Haare aus der Kraft der chinesischen Natur verspricht das Haarwasser Fabao. Doch die Wirksamkeit des Kräutertonikums ist umstritten.
Glänzendes und kräftiges Haar: Der Chinese Zhao Zhang Guang hat im Überfluss, wovon viele Männer und Frauen träumen. Der 60-jährige Arzt scheint selbst der beste Werbeträger für sein Haartonikum Fabao 101D. Mit dem Extrakt aus zwölf Heilpflanzen hat der Doktor, der nie eine Universität von innen sah, in den letzten 20 Jahren Millionen...
Neue Haare aus der Kraft der chinesischen Natur verspricht das Haarwasser Fabao. Doch die Wirksamkeit des Kräutertonikums ist umstritten.
Glänzendes und kräftiges Haar: Der Chinese Zhao Zhang Guang hat im Überfluss, wovon viele Männer und Frauen träumen. Der 60-jährige Arzt scheint selbst der beste Werbeträger für sein Haartonikum Fabao 101D. Mit dem Extrakt aus zwölf Heilpflanzen hat der Doktor, der nie eine Universität von innen sah, in den letzten 20 Jahren Millionen von Dollars verdient. Seine Zhang Guang 101 Corporation exportiert in 150 Länder.
Studien über die Wirksamkeit sind äusserst vage
«In 9 von 10 Fällen stoppt Fabao den Haarausfall», rühmt Marc Hopf die Kraft der Kräuter. Der Leiter der H+S Vita AG in Rickenbach TG, die das Tonikum in die Schweiz importiert, hat die Tinktur am eigenen Schopf erprobt. «Das Haar wird voller und kräftiger», sagt er. Die Heilpflanzen wirkten regenerierend und ausgleichend auf den Haarboden.
Hopf distanziert sich jedoch von euphorischen Meldungen über wieder aufgeforstete kahle Stellen, die im Internet auf einigen Fabao-Sites nachzulesen sind. «Das sind Ausnahmen. Ich will da nicht zu hohe Erwartungen wecken.»
Haarklinik Bioscreen in Münchwilen TG: Hier melden sich die Hoffnungslosen. Seit 20 Jahren bietet Francisco Sagarra Haarverpflanzungen an. Nach dem Eingriff empfiehlt er seinen Patienten, Fabao anzuwenden, «um das Resthaar zu erhalten und zu kräftigen. Schon nach wenigen Monaten werden die Haare dicker», beobachtet Sagarra.
Angeblich gibt es auch klinische Studien, die die Wirksamkeit von Fabao belegen. Doch die Angaben zu diesen Studien sind sehr vage. Weder der Importeur noch der Produzent dokumentieren, wie viele Personen Fabao unter welchen Bedingungen testeten.
«Die zahllosen Goldmedaillen von Erfinder- und Innovationsmessen vermögen das Manko nicht auszugleichen», meint Ralph Trüeb. Der Zürcher Dermatologe hat durch Patienten von Fabao gehört, doch auf Kongressen begegnete es ihm nie. Trüeb warnt: «Auf diesem Gebiet gibt es sehr viel Bauernfängerei.»
Das Naturprodukt Fabao findet reissenden Absatz
Das 100-ml-Fläschchen Fabao kostet 98 Franken und reicht ziemlich genau für einen Monat. 12 000 Flaschen verkaufte Marc Hopf im vergangenen Jahr. Sein wichtigstes Verkaufsargument: Fabao ist ein Naturprodukt.
Ein Vorteil, den die Konkurrenz von der Pharmaindustrie kaum parieren kann. Denn ihre Mittel haben zum Teil Nebenwirkungen. So beklagen einige Männer, die Pillen einnehmen, zwar nicht länger den Verlust ihrer Haare, dafür aber ihrer Libido.
Hoffnungen, in Fabao einen nebenwirkunsgsfreien Ersatz zu den Pharmapräparaten zu finden, dämpft Toni Fischer. Der auf chinesische Pflanzenheilkunde spezialisierte Arzt bezweifelt, dass man allein durch äussere Anwendung den Haarwuchs verbessern kann. «Mich irritiert, dass Fabao für jeden Patienten geeignet sein soll - das steht im absoluten Gegensatz zum individuellen Diagnoseansatz der chinesischen Medizin.»
Völlig quer zur Einschätzung der beiden Mediziner steht Ulrich Heussers Erfahrung: Er verwendet seit zehn Jahren Efficient Hair Panacea, ein Tonikum aus chinesischen Heilpflanzen. «Mein Vater war mit 40 kahl, das wollte ich mir ersparen», erklärt der Berner Arzt. Bis heute blieb ihm das Haar erhalten. «Ich bin sehr zufrieden», so der 56-Jährige.
«Die wollen eben einfach mehr Geld machen»
Die Inhaltsstoffe des Tonikums sind die gleichen wie bei Fabao. «Die Konzentration aber hat im Lauf der Jahre abgenommen», bemerkt Heusser. «Die wollen eben mehr Geld machen.» - Das ist punkto Haarbehandlung wohl die einzige gesicherte Erkenntnis: Ob Natur- oder Pharmaprodukt, mit der Angst vor der Glatze wollen sich die Hersteller eine goldene Nase verdienen.
Sigrid Cariola
In den meisten Fällen erblich bedingt
Mindestens jeder zweite Mann und jede dritte Frau leidet unter Haarausfall. Meist handelt es sich um erblich bedingten Haarausfall.
Daneben kennt die Medizin den diffusen Haarausfall. Dieser lässt sich auf eine Unterversorgung mit Nährstoffen, Eisen oder Zink zurückführen, sowie auf Stress oder eine Erkrankung.
Beide Arten von Haarausfall können behandelt werden. Die Erfolgsaussichten und Methoden sind unterschiedlich. Ansprechpartner sind vor allem Hautärzte.
Informationen im Internet:
www.infohair.ch
www.alopezie.de
www.haarwuchs.de