Fitnesscenter sind wieder gut besucht, vor allem am Abend. Eine aktuelle Auszählung der Kette Evofitness zeigt: Seit dem 5. Januar steigen die Besucherzahlen. Am meisten Besucher sind es zwischen 17 und 20 Uhr.
Bereits vor vier Jahren kam die Internetplattform Statista zum Schluss: Jeder Zweite trainiert am Abend. Doch immer mehr Studien zeigen: Das ist nicht der beste Zeitpunkt für das Training. Effizienter sind der späte Morgen und der Nachmittag.
Die wichtigste Studie dazu publizierten die Forscher der Universität Hongkong im vergangenen Jahr in der renommierten britischen Fachzeitschrift «Nature».
Den grössten Nutzen bringt das Training zwischen 11 und 17 Uhr
Die Forscher untersuchten die Daten von über 90'000 Teilnehmern im Alter von 40 bis 73 Jahren. Das Resultat: Wer zwischen 11 und 17 Uhr trainierte, konnte sein Risiko, frühzeitig zu sterben, stärker senken als Studienteilnehmer, die jeweils zu einer anderen Tageszeit trainierten. Gegenüber denen, die am Morgen zwischen 5 und 11 Uhr trainierten, war das Risiko 15 Prozent tiefer. Noch deutlicher war der Unterschied zu den Teilnehmern, die sich erst nach 17 Uhr sportlich betätigten: Er belief sich auf 20 Prozent.
Zwar verringert Sport unabhängig von der Tageszeit das Risiko von Übergewicht, Krebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Diabetes, wie die Forscher schreiben. Dennoch lohnt es sich, bei der Planung des Trainings den Biorhythmus zu berücksichtigen.
Der deutsche Sportwissenschafter und Autor Ingo Froböse bestätigt: «Biorhythmus und Stoffwechsel haben einen starken Effekt auf den Körper.»
Die innere Uhr steuert wichtige Körperfunktionen – darunter den Schlaf-Wach-Rhythmus, das Ausschütten von Hormonen oder Stoffwechselprozesse. Und das kann die Leistungsbereitschaft von Psyche und Körper beeinflussen. Der Professor der Sporthochschule Köln rät, nicht dagegen anzukämpfen. Deshalb sagt Froböse: «Aus sportwissenschaftlicher Sicht ist es am wirksamsten, vor dem Mittag zu trainieren.» Dann sei man am leistungsfähigsten, weil der Stoffwechsel Blutdruck und Körpertemperatur leicht ansteigen lasse.
«Ausserdem ist der Kortisolspiegel im Blut am Vormittag erhöht.» Das Stresshormon macht wach, fit und steigert die Konzentration. Am späteren Nachmittag folgt laut dem Experten ein zweites Leistungshoch. Gegen Abend fährt der Stoffwechsel langsam herunter. Passend zur inneren Uhr sollte man dann eher auf entspannte Sporteinheiten, ein moderates Ausdauertraining zum Stressabbau oder auf Yoga setzen.
Als kontraproduktiv bezeichnet Froböse sportliche Aktivitäten am späteren Abend: «Mit zunehmender Dunkelheit schüttet der Körper das Schlafhormon Melatonin aus. Dann ist der Stoffwechsel auf Regeneration und Reparatur eingestellt.»
Für «Lerchen» der Vormittag, für «Eulen» der Nachmittag
Froböse unterscheidet zwischen den «Lerchen», die früh aufstehen, und den «Eulen», die später aktiv sind. «Eine Lerche sollte vor dem Mittag trainieren, eine Eule am späteren Nachmittag.»
Kräftige Muskeln halten gesund. «Der Verlust an Muskelmasse besonders in der zweiten Lebenshälfte ist verantwortlich für Krankheiten wie Herzinfarkt, Diabetes oder Übergewicht», schreibt Froböse in seinem Buch «Muskeln, die Gesundmacher». Aber, so Froböse: «Sport sollte nicht stressig sein. Man sollte ihn entspannt in den Tagesablauf einbauen.»
Tipps für den Einstieg in den Sport
- Starten Sie den Sportalltag nicht zu ehrgeizig. Gehen Sie zum Beispiel jeden Tag eine halbe Stunde spazieren. Weniger ist manchmal mehr.
- Trainieren Sie zwei Mal pro Woche mit gezielten Übungen jeweils Beine, Arme, Rücken, Brust, Bauch und Schultern.
- Absolvieren Sie ein regelmässiges Ausdauertraining, zum Beispiel mit ruhigen Laufrunden von 45 bis 60 Minuten, wenn möglich drei Mal pro Woche
- Belasten Sie Ihren Körper nicht bis zum Limit. Sie sollten während des Trainings das Gefühl haben, mehr leisten zu können.
Zu welcher Tageszeit trainieren Sie?
Christian Gugelmann, 49, Lenzburg
«Am liebsten trainiere ich am Vormittag oder über den Mittag. Dann bin ich wach und voller Energie. Am frühen Morgen oder nach der Arbeit bin ich nicht mehr leistungsfähig.»
Jacqueline Keller, 62, Gebenstorf
«Die ideale Trainingszeit ist für mich frühmorgens: Schon seit 40 Jahren gehe ich bei wirklich jeder Witterung unter der Woche um sechs Uhr für eine Stunde laufen. Danach bin ich fit für den Tag.»
Carsten Drilling, 52, Zürich
«Ich trainiere seit vielen Jahren nach der Arbeit jeweils zwischen 17 und 18 Uhr. Doch an den Wochenenden laufe ich am liebsten am Vormittag. Denn in den frühen Morgenstunden bin ich noch nicht fit.»