Seit Jahren kümmert sich saldo-Leser Adrian Bommer aus Mosen LU um die Finanzen der 89-jährigen Mutter. Sie lebt im Pflegeheim. Die Steuern zahlt sie in Möhlin AG. Bommer beauftragte die Raiffeisenbank Möhlin, für seine Mutter die Steuererklärung für das Jahr 2015 zu erstellen. Darauf veranlagte die Steuerkommission Möhlin ein steuerbares Einkommen von 109 900 Franken.
Bei der nächsten Steuererklärung bemerkte Bommer, dass die Bank den Steuerabzug von 40 000 Franken für «behinderungsbedingte Kosten» vergessen hatte. Das sind etwa Kosten für Fahrten und Haushaltshilfe, die bei einer schweren und dauerhaften Krankheit anfallen. «Meine Mutter zahlte dem Steueramt 15 400 Franken zu viel», sagt Bommer.
Revisionsgesuch blieb chancenlos
Der Sohn reichte umgehend bei der Steuerkommission ein Revisionsgesuch ein. Ohne Erfolg. Die Steuerkommission Möhlin wies das Gesuch ab. Das Spezialverwaltungsgericht für Steuern des Kantons Aargau bestätigte diesen Entscheid. Die behinderungsbedingten Kosten seien schon bei der Steuerveranlagung bekannt gewesen. Bommer hätte sich mit einer Einsprache gegen die Steuerverfügung wehren müssen. Eine Revision dürfe nicht dazu dienen, ein Versäumnis nachzuholen.
Bommer kritisiert die Bank. Sie habe nicht nach behinderungsbedingten Kosten gefragt. «Das ist eine Sorgfaltspflichtverletzung.» Die Bank widerspricht und lehnt jede Haftung ab.
Für seine Forderung auf Schadenersatz könnte sich Bommer auf einen Entscheid des Bundesgerichts von Oktober 2001 stützen (BGE 128 II 22). Der Fall: Ein Treuhänder hatte einer Erbengemeinschaft eine falsche Auskunft gegeben. Die Erben mussten deshalb höhere Steuern zahlen. Das Bundesgericht entschied, der Steuerfachmann habe unsorgfältig gehandelt und hafte deshalb. Er müsse das anwendbare Recht kennen oder sich zumindest informieren, bevor er einen Rat erteile.
Im Fall von Adrian Bommer könnte es aber schwierig werden, der Raiffeisenbank ein unsorgfältiges Handeln nachzuweisen. Martin Metzger, Steuerfachmann beim VZ Vermögenszentrum sieht kaum Chancen auf Schadenersatz. «Ein Steuerberater kann nur mit den Informationen und Belegen arbeiten, die er hat.» Nicht jede Person im Pflegeheim könne behinderungsbedingte Kosten abziehen. Das sei nur bei einer schwereren Behinderung möglich. «Ein Berater kann nie bestätigen, dass eine Steuererklärung vollständig ist.» Das müsse immer der Steuerpflichtige tun. Aber, räumt Metzger ein: «Ein guter Steuerberater hätte nachfragen können.»
Fazit: Man sollte die Steuererklärung stets genau kontrollieren, bevor man sie abschickt. Insbesondere gilt es zu prüfen, dass alle zulässigen Abzüge gemacht sind. Auch dann, wenn ein Treuhänder die Steuererklärung ausgefüllt hat. Und: Die Einschätzungen der Steuerbehörde sind sorgfältig zu prüfen. Stimmt etwas nicht, muss man innert der angegebenen Frist Einsprache einreichen.
Vergessen Sie keine Steuerabzüge
«Am häufigsten vergessen gehen Abzüge, die man nicht regelmässig machen kann», sagt der Steuerfachmann Martin Metzger vom VZ Vermögenszentrum. Besonders wer in eine neue Lebenslage kommt – etwa wenn er heiratet, erbt oder ein Haus kauft –, sollte alle möglichen Abzüge im Detail prüfen. Hilfreich sind die kostenlosen Computerprogramme der Kantone. Damit füllt man die Steuererklärung am Computer aus. Das Programm weist teilweise auf die möglichen Steuerabzüge hin.
Krankheitskosten: Dazu zählen krankheitsbedingte Kosten, die nicht durch eine Versicherung gedeckt sind: etwa eine neue Brille, Zahnarztrechnungen, Prothesen, Hörgeräte, Medikamente, die Franchise und der Selbstbehalt der Krankenkasse. Der Bund und viele Kantone lassen den Steuerabzug aber nur zu, soweit die Krankheitskosten 5 Prozent des Nettoeinkommens übersteigen. Tiefere Limiten:
GL, SZ 3 Prozent; SG, VS 2 Prozent; GE 0,5 Prozent. BL verzichtet ganz auf einen solchen Selbstbehalt.
Behinderungskosten: Menschen mit Behinderung können anfallende Zusatzkosten abziehen, etwa für Begleitung, Haushaltshilfe, Transport oder ambulante Pflege.
Unterhalt am Haus: Hauseigentümer dürfen jährlich Pauschalabzüge machen. Doch wer zum Beispiel in einem Jahr alle Wände neu malen lässt, fährt eventuell besser, wenn er die effektiven Rechnungen von der Steuer abzieht. Wertvermehrende Investitionen sind nicht abzugsfähig. Eine Ausnahme sind Energiesparmassnahmen.
Aus- und Weiterbildungskosten: Das können auch kleinere Kurse wie etwa Tagesschulungen sein, die dem Betreffenden beruflich nützen. Freizeit- und Hobbykurse sind nicht abzugsfähig. Insgesamt kann man bis zu 12 000 Franken für Aus- und Weiterbildung abziehen. Sprachkurse zählen nur, wenn sie für den Beruf erforderlich sind.
Berufliche Vorsorge: Zahlt man nur unregelmässig in die Säule 3a ein, geht dieser Abzug rasch einmal vergessen. Auch Abzüge wegen freiwilliger Einzahlungen in die Pensionskasse können erhebliche Steuererleichterungen mit sich bringen.