Die Preise in Schweizer Läden sind wesentlich höher als im benachbarten Ausland. Zwei Beispiele: Derselbe Warenkorb kostet bei Aldi in Deutschland 40 Prozent weniger als in der Schweiz. Und Lidl Deutschland ist 38,8 Prozent günstiger als sein Schweizer Pendant. Das haben Stichproben der Zeitschrift «K-Tipp» ergeben (Ausgabe 14/2015).
Weshalb diese Preisdifferenz? Das unabhängige Forschungsinsitut BAK Basel Economics wollte wissen, was die Ladenpreise in die Höhe treibt. Auftraggeber der Studie war die Swiss Retail Federation. Zu diesem Detailhandelsverband gehören 31 Unternehmen wie Volg, Aldi Suisse, Lidl, Spar, Manor, Jumbo und Valora. Nicht dabei sind Migros und Coop.
BAK Basel verglich die Kosten der Schweizer Detailhandelsunternehmen mit jenen in Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien. Untersucht wurden die Kosten des Einkaufs der Waren im In- und Ausland, sogenannte Vorleistungen wie Miete, Transport, Werbung oder Energie sowie die Löhne der Angestellten.
Ferner sind Faktoren wie Abschreibungen, Steuern und Unternehmensgewinne in der Studie berücksichtigt.
Deutsche Läden zahlen für Einkauf 43 Prozent weniger
Resultat: In den vier Vergleichsländern sind die Kosten der Unternehmen im Durchschnitt 31 Prozent tiefer als für Detailhändler in der Schweiz (siehe Grafik). Besonders günstig fahren deutsche Läden. Ihre Gesamtkosten sind 36 Prozent tiefer als jene von Schweizer Läden. Aufgeschlüsselt zahlen Händler in Deutschland für den Einkauf der Waren 43 Prozent weniger als in der Schweiz. Der Aufwand für die Vorleistungen ist 40 Prozent tiefer, die Kosten für die Angestellten betragen 33 Prozent weniger. Teuer ist im Ausland indes die Mehrwertsteuer. Sie liegt im Durchschnitt 10 Prozent höher als in der Schweiz.
Die Analyse von BAK Basel zeigt: Knapp zwei Drittel der Kostenunterschiede sind auf die Beschaffung der Waren zurückzuführen. Bei landwirtschaftlichen Produkten sind Schweizer Händler wegen hoher Zölle und beschränkter Importkontingente bis zu einem gewissen Grad gezwungen, die Waren im Inland zu beziehen – auch wenn diese im Ausland deutlich günstiger wären. Aber auch im Ausland gekaufte Waren sind teurer als für dortige Läden. Hintergrund: Internationale Konzerne verlangen von Schweizer Detailhändlern häufig höhere Preise.
Die Vorleistungen sind in den Vergleichsländern im Durchschnitt 39 Prozent günstiger als in der Schweiz. Kostentreiber sind vor allem die hohen Immobilienkosten sowie die teuren Werbekampagnen der Schweizer Detailhändler. Einen kleineren Einfluss auf den Ladenpreis haben die Arbeitskosten des Verkaufspersonals: Im benachbarten Ausland sind sie im Durchschnitt bloss 21 Prozent tiefer. Das macht 4 Prozentpunkte der durchschnittlichen Kostendifferenz von 31 Prozent aus.
Sondervorschriften und Zölle verteuern Warenbeschaffung
Wie lässt sich das Preisniveau in der Schweiz senken? Das BAK Basel sieht Handlungsmöglichkeiten beim Import. Die Forscher schlagen die Bildung von Einkaufsgemeinschaften vor. So könne der Detailhandel seine Verhandlungsmacht gegenüber den Lieferanten verstärken. Zudem sei zu prüfen, ob es einen Ausbau der Instrumente der Wettbewerbskommission brauche, damit diese wirksamer eingreifen könne, wenn Schweizer Händler durch Hersteller und Generalimporteure im Ausland diskriminiert werden. Und: Würden die Behörden Sondervorschriften für die Schweiz und Zölle abbauen, wären die Kosten für die Warenbeschaffung im Ausland ebenfalls tiefer.
Die Swiss Retail Federation will bei den Handelshemmnissen ansetzen. Handelsbarrieren sind Preistreiber und würden Parallelimporte erschweren, sagt Geschäftsführerin Dagmar Jenni. Die eidgenössische Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel» will den Detailhändlern die Möglichkeit geben, Lieferanten einzuklagen, wenn sie zu höheren Preisen beliefert werden als ausländische Mitbewerber. Das sei «ein langwieriger, teurer und unsicherer Weg», sagt Jenni.