Vor dem Einzelrichter am Richteramt Olten-Gösgen SO stehen der Geschäftsführer eines Magazin-Verlags und ein Hotelier mit seinem Anwalt.
Der Verlag hatte über einen Aussendienstmitarbeiter mit dem Hotelier einen Vertrag abgeschlossen. Inhalt: Der Hotelier bucht drei ganzseitige Inserate in einem der Magazine des Verlags. Jedes Inserat kostet 3470 Franken, total 10 410 Franken.
Nach Publikation des ersten Inserats kündigte der Hotelier den Vertrag. Zuvor hatte er den Teilbetrag für das erste Inserat überwiesen. Nun fordert der Geschäftsführer vom Hotelier den Rest: 6940 Franken.
Der Geschäftsführer ergreift selbst das Wort. Einen Anwalt hat er nicht. «Der Hotelier wirft uns vor, wir hätten uns nicht genug Mühe geben, um die Leser des Magazins auf sein Hotel aufmerksam zu machen. Das Inserat sei schlecht platziert gewesen. Zudem beschwert er sich über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese waren aber Bestandteil des Vertrags. Er hat sie einfach nicht gelesen.»
Der Anwalt des Hoteliers kritisiert den Vertrag: «Gemäss den Geschäftsbedingungen durfte mein Mandant den Vertrag nicht vorzeitig kündigen. Darin stand, dass er drei Jahre lang dauert. Der Verlag konnte frei wählen, wann und in welchem Teil des Magazins er die Inserate publiziert. Das geht doch nicht.» Hätte der Aussendienstmitabeiter den Hotelier umfassend informiert, hätte er nie unterschrieben. «Mein Mandant hat keine Erfahrungen mit solchen Geschäften. Er ist aufs Übelste hintergangen worden.»
Hotelier: «Ich musste sparen, wo es ging»
Der Richter bittet einen Zeugen in den Saal. Es ist der Aussendienstmitarbeiter, der den Vertrag abschloss. Der Richter fragt ihn: «Haben Sie den Beklagten auf die Geschäftsbedingungen aufmerksam gemacht? Haben Sie ihm gesagt, er soll sie lesen?»
«Nein», antwortet der Zeuge. Er habe dem Hotelier aber genau erklärt, worum es gehe. Zudem habe er ihm bei Vertragsabschluss ein Gratisinterview im betreffenden Magazin angeboten, «damit die Leute noch mehr auf sein Hotel aufmerksam werden». Nach Erscheinen des Inserats sei das Interview auch prompt publiziert worden.
Der Richter will nun vom Hotelier wissen, ob er denn die Geschäftsbedingungen gelesen habe. «Das habe ich blöderweise unterlassen», antwortet der Beklagte. Er habe den Vertrag auch deshalb gekündigt, weil er in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei. «Ich musste mehrere Angestellte entlassen und sparen, wo es ging.»
Der Richter fordert die Parteien auf, einen Kompromiss auszuhandeln. Dem Hotelier schlägt er vor, 5000 Franken zu zahlen. Das seien fast 2000 Franken weniger als die geforderte Summe. «Danach können wir alle nach Hause gehen.» Die Gerichtskosten von 700 Franken sollen geteilt werden.
Der Geschäftsführer ist einverstanden. Für den Anwalt des Hoteliers kommt der Deal nicht in Frage. Nach langem Feilschen und energischen Worten des Richters einigen sich die Parteien trotzdem noch: Der Hotelier zahlt 4700 Franken. Im Gegenzug platziert der Verlag im Magazin bis Ende des Jahres nochmals ein ganzseitiges Inserat. Und der Richter reduziert die Gerichtskosten auf 500 Franken.
Gewerbler haben kein Rücktrittsrecht
Gewerbler werden immer wieder von Inserateverkäufern aufgesucht und zu teilweise mehrjährigen Verträgen überredet. Wer einen solchen Vertrag unterschrieben hat, ist daran gebunden. Zwar kennt das Gesetz bei Haustürgeschäften ein Rücktrittsrecht von 14 Tagen. Aber das gilt nur bei Verträgen über Waren und Dienstleistungen für den persönlichen oder familiären Gebrauch. Gewerbler haben also kein Rücktrittsrecht.
Tipp:
Nie Verträge in Anwesenheit eines Verkäufers unterzeichnen. Immer zuerst die Unterlagen gut studieren, besonders auch das Kleingedruckte. Und vor der Unterschrift mit den Preisen anderer Anbieter vergleichen.