Der Betreiber der Tierpension klagt am Bezirksgericht Winterthur einen Schaden von 3500 Franken ein. So viel habe die Desinfektion gekostet, die der Hund der Beklagten verursacht habe. Auch die Matratzen hätten ersetzt werden müssen.
Die Hundebesitzer werden vor der Einzelrichterin von einer Anwältin vertreten. Sie bestreitet, dass ihre Klienten für die Desinfektion der Tierpension aufkommen müssten. Sie hätten die Pension sofort über die Wurmkrankheit informiert, als sie vom Tierarzt das Testergebnis erfahren hätten.
Der Kläger erscheint ohne Anwalt und auch ohne seine Lebenspartnerin. Sie ist die Besitzerin der Pension. Da sie nicht anwesend ist, kann auch keine ordentliche Verhandlung stattfinden. Die Richterin schlägt deshalb vor, ohne vorherige Plädoyers und Befragungen direkt Vergleichsgespräche aufzunehmen. Die Parteien willigen ein.
Die Richterin erklärt den Parteien zunächst, wie sie die Rechtslage einschätzt: Der Vertrag zwischen den Hundebesitzern und den Betreibern eines Tierheims für die Betreuung eines Tieres sei gesetzlich zwar nicht geregelt. Er sei jedoch vergleichbar mit einem sogenannten Gastaufnahmevertrag: «Stellen Sie sich ein Hotel vor, das wegen der ansteckenden Krankheit eines Gastes einen Schaden erleidet.» Gemäss Gastaufnahmevertrag hafte der Gast nur, wenn er beim Einchecken von seiner Erkrankung bereits gewusst habe. Die entscheidenden Fragen im vorliegenden Fall seien also: «Hatte der Hund schon länger Symptome? Wussten die Hundebesitzer von der Krankheit, als sie den Hund ins Heim brachten? Und warum wurde der Kot überhaupt untersucht?»
Der Vertrag hält fest, dass der Tierhalter für alle Schäden haftet
Die Anwältin der Hundebesitzer versichert, die Krankheit sei bei einer üblichen Routineuntersuchung beim Tierarzt festgestellt worden. Konkrete Anzeichen für Darmparasiten habe es zuvor nicht gegeben.
Der Kläger beruft sich auf eine Klausel im Vertrag der Tierpension. Dort steht, die Verantwortung für Schäden durch einen Hund liege allein beim Besitzer. Das Heim lehne jegliche Haftung ab.
Dieser Punkt regle einen andern Sachverhalt, belehrt ihn die Richterin: Dabei gehe es nur um die Tierhalterhaftung. «Sie kommt etwa dann zum Tragen, wenn der Hund einen Betreuer oder einen anderen Hund beisst.» Im vorliegenden Fall verhalte es sich aber anders: «Wenn ein Hund mit einer ansteckenden Krankheit in eine Tierpension gegeben wird, haftet der Halter nur dann, wenn bereits Anhaltspunkte für die Krankheit bestanden haben.»
Habe der Tierhalter die Krankheit aber nicht bemerken können, treffe ihn kein Verschulden. Dann gehe der finanzielle Schaden zulasten des Tierheims. «Das gehört zum Geschäftsrisiko», hält die Richterin fest. Der Kläger versteht die Welt nicht mehr: «Verstehe ich Sie richtig: Wir sind selbst schuld, obwohl der Hund zweifellos krank war?», fragt er. Die Richterin geht nicht weiter auf die Frage ein und schlägt vor, die Verhandlung zu vertagen und das nächste Mal die Tierärztin als Zeugin vorzuladen. Wenn sie bestätige, dass beim Hund vor dem Routineuntersuch keine Krankheitsanzeichen erkennbar waren, müsse die Klage abgewiesen werden.
Die Pension trägt die Kosten schliesslich doch selbst
Nun gibt der Mann nach: «So, wie Sie mir das jetzt erklären, hat sich die Sache für mich erledigt.» Er willigt in den Vergleich ein, wonach die Pension den Schaden von 3500 Franken selbst trägt. Die Parteien einigen sich darauf, die Gerichtsgebühr von 120 Franken zu teilen. Die Hundebesitzer haben eine Rechtsschutzversicherung, die ihre Anwaltskosten übernehmen wird.
Zum Abschluss empfiehlt die Richterin dem Kläger, möglichst bald eine Versicherung für solche Schäden abzuschliessen. Doch der Mann winkt ab. Die Tierpension werde geschlossen. Das Risiko sei viel zu gross, wenn man selbständig erwerbstätig sei.
Prozessieren: Vorsicht vor den Kosten
Gerichtsverfahren sind nur in wenigen Fällen gratis. Deshalb muss man sich vor allem bei geringen Geldforderungen gut überlegen, ob man eine Klage einreichen soll. Und wenn ja, wie viele Instanzen man bemühen will. Bei einer Forderung von 3500 Franken kostet schon die Schlichtungsbehörde mehrere Hundert Franken. Beim erstinstanzlichen Gericht ist zusätzlich mit gegen 1000 Franken Gerichtskosten zu rechnen. Wenn die Gegenpartei durch einen Anwalt vertreten ist, kommt im Fall des Unterliegens noch eine Prozessentschädigung in dieser Höhe dazu. Die Gebühren sind je nach Kanton unterschiedlich. Bei Forderungen bis zu 5000 Franken können Schlichtungsbehörden einen Urteilsvorschlag unterbreiten. Angesichts der möglichen Gerichtskosten ist eine Annahme häufig die beste Lösung.