Der 60-jährige ehemalige Teamleiter eines Altersheims erscheint mit seinem Anwalt am Bezirksgericht Pfäffikon ZH. Der Gerichtstermin scheint ihm unangenehm zu sein. Auch der Geschäftsleiter des Altersheims ist mit Anwalt da.
Der Vertreter des ehemaligen Teamleiters begründet auf Aufforderung der Einzelrichterin die Klage. Sein Klient habe achteinhalb Jahre im Altersheim gearbeitet. Die Heimleitung sei mit ihm stets zufrieden gewesen und habe ihm sogar eine Ausbildung für 20 000 Franken bezahlt. «In den vergangenen zwei Jahren verschlechterte sich das Verhältnis jedoch eklatant.» Grund dafür seien personelle Engpässe, eine chaotische Einsatzplanung und Mobbing der Angestellten durch die Heimleitung gewesen. «Der Stiftungsrat des Altersheims setzte einen Mediator ein, um die Probleme zu lösen.» Dieser sei jedoch nicht neutral gewesen, sagt der Anwalt: «Als mein Klient die Probleme schildern wollte, wurde er vom Mediator einfach unterbrochen.» Auch die Heimleitung habe nichts von den Problemen wissen wollen.
Weiterer Teamleiter entlassen, fünf Pfleger kündigten
Am 1. Mai 2018 fällte der Stiftungsrat des Altersheims den Entscheid, seinen Mandanten zu entlassen. «Das war klar missbräuchlich», sagt der Anwalt. «Mein Klient machte auf anständige Weise auf Missstände im Betrieb aufmerksam und versuchte mit legalen Mitteln, die Qualität der Pflege sicherzustellen.» Nachdem er die Probleme dem Stiftungsrat gemeldet habe, sei ihm Knall auf Fall gekündigt worden. «Damit sollte ein Exempel statuiert werden.» Auch ein anderer Teamleiter sei entlassen worden, kurz darauf hätten fünf weitere Pfleger gekündigt. Der Anwalt verlangt für seinen Mandanten eine Entschädigung von 29 500 Franken. Das entspricht vier Monatslöhnen.
Der Anwalt des Altersheims weist die Vorwürfe zurück. «Die Heimleitung hatte stets ein offenes Ohr für die Probleme der Angestellten, zu Mobbing ist es nie gekommen.» Auch der Mediator habe sich neutral verhalten. Das Problem sei der Entlassene gewesen: «Was die Leitung auch tat – es war ihm nie recht.» Der Angestellte habe nicht kooperiert. «Indem er sich trotz Führungsfunktion mit seinen Untergebenen solidarisierte und Boykottandrohungen machte, verletzte er seine Fürsorgepflicht», so der Anwalt. «Das Vertrauen war nicht mehr da.» Dem Kläger sei wegen der groben Verfehlungen gekündigt worden.
Die Parteien lehnen einen Vergleich ab. Die Einzelrichterin fällt das Urteil. Die Kündigung sei missbräuchlich. Grund für die Kündigung sei die Intervention des Klägers beim Stiftungsrat gewesen. Das Altersheim habe seine Argumente zu wenig ernst genommen. Es wird verpflichtet, dem ehemaligen Teamleiter 22 125 Franken zu bezahlen. Das entspricht drei Monatslöhnen. Zudem muss das Heim dem Kläger eine Prozessentschädigung von 4700 Franken zahlen. Gerichtskosten fallen nicht an, da arbeitsrechtliche Streitigkeiten bis zu 30 000 Franken kostenlos sind.
Missbräuchliche Kündigung: So geht man dagegen vor
Das Gesetz listet eine Reihe von missbräuchlichen Kündigungsgründen auf. Generell missbräuchlich sind Rachekündigungen. Davon spricht man beispielsweise, wenn der Arbeitgeber einem Mitarbeitenden kündigt, weil dieser auf Missstände im Betrieb aufmerksam machte. Eine Kündigung ist ebenfalls missbräuchlich, wenn das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird, um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln, oder weil sich jemand gewerkschaftlich betätigte. Eine missbräuchliche Kündigung bleibt gültig. Die gekündigte Person hat aber Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen und allfälligem zusätzlichem Schadenersatz. Entschädigungsklagen müssen bis spätestens 180 Tage nach Beendigung des Arbeitsvertrags beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Wichtig: Im Laufe der Kündigungsfrist muss der entlassene Angestellte beim Betrieb schriftlich Einsprache erheben, am besten mit einem eingeschriebenen Brief.