Die Labors in der Schweiz haben bis zum 7. April insgesamt 164 429 Coronatests ausgewertet. Sie erhalten seit Anfang März pro Test 180 Franken von der Krankenkasse. Allerdings muss ein Arzt den Test verordnet haben. Zudem dürfen die Labors eine «Auftragspauschale» von 24 Franken pro Patient und Tag berechnen. Diesen Tarif hat das Eidgenössische Departement des Inneren festgelegt.
Bei zurzeit etwa 7000 Tests pro Tag kassieren die Labors also täglich fast 1,3 Millionen Franken. Gemäss einem Laborleiter herrscht in der Branche deswegen «Goldgräberstimmung». Er ärgert sich über den hohen Tarif. Die Kosten würden die Prämienzahler unnötig stark belasten und vor allem private Grosslabors begünstigen. Im Vergleich mit Deutschland und Österreich profitieren diese ohnehin von bis zu zwölf Mal höheren Tarifen für Analysen (saldo 9/2019).
Der Materialaufwand pro Test beträgt maximal 30 Franken
Bei den Coronatests handelt es sich um einfache, automatisierte Analysen. Alle Labore benutzen dafür sogenannte PCR-Analysegeräte (siehe Kasten «So funktionieren die Coronatests»). Diese werden normalerweise eingesetzt, um etwa Hepatitisviren oder Chlamydien nachzuweisen. Grosse Maschinen wie der «Cobas 6800» von Roche schaffen rund 1000 Tests in acht Stunden. Hinzu kommen Kosten für die Reagenzflüssigkeit, die ein Labor braucht, um die gesuchten Stoffe sichtbar zu machen.
saldo liegen Angebote von Händlern vor: Die Flüssigkeit kostet in der Schweiz pro Test zwischen 10 und 25 Franken. Inklusive Pipetten und Röhrchen schätzt der Laborleiter den Materialaufwand pro Coronatest auf maximal 30 Franken.
Zu Buche schlägt zudem der Arbeitsaufwand von rund zehn Minuten pro Test. Proben müssen erfasst, umgefüllt und in die Maschine einsortiert werden. Diese spuckt dann nach drei Stunden das Testergebnis aus – positiv oder negativ.
Der Laborleiter hält eine Vergütung von maximal 95 Franken pro Coronatest für angemessen. Dieser Tarif entspräche dem Preis eines vergleichbaren Chlamydientests. Laut dem Insider bleibt dem Labor dabei «immer noch viel übrig». Trotzdem ist der Coronatest doppelt so teuer.
Auf dem Markt gibt es viel günstigere Tests
Deutsche Krankenkassen müssen für Corona-Erbguttests nur rund 62 Franken bezahlen – also einen Drittel des Schweizer Tarifs. Die Schweiz und Deutschland verwenden die gleichen Testverfahren. Corinne Behrend von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) bezeichnet selbst den deutschen Tarif als «sehr stattlich». Denn es gebe günstigere Alternativen.
Tatsächlich: Die Berliner Firma TIB Molbiol verkauft zum Beispiel einen selbst entwickelten einfachen Test zum Selbermachen für umgerechnet Fr. 2.65 pro Stück. Die Firma hat nach eigenen Angaben seit Januar drei Millionen Testkits etwa an die Weltgesundheitsorganisation und rund 60 Länder geliefert.
CVP-Nationalrat Christian Lohr aus Kreuzlingen TG hält den Schweizer Tarif für Coronatests für realitätsfern: «Der Bund sollte den Labors keinen Freipass für Extragewinne zulasten der Krankenversicherten gewähren.» Auch Preisüberwacher Stefan Meierhans bezeichnet den Tarif «als erklärungsbedürftig». Er hat vom Bund eine Berechnung angefordert.
Ein Sprecher des Bundesamts für Gesundheit verteidigt den Tarif als «angemessen». Andere vergleichbare Labortests würden genauso hoch vergütet. Wegen der Pandemie bestehe bei Coronatests zudem die Gefahr, dass Testmaterialien knapp und teurer würden. Und eine Verknappung der Tests in der Schweiz würde die Eindämmung der Pandemie gefährden.
So funktionieren die Coronatests
Bei den gängigen Coronatests wird den Testpersonen ein Abstrich aus dem Nasen- oder Rachenraum entnommen. Der Abstrich kann das Erbgut des Virus enthalten. Labors weisen es mit dem sogenannten molekularen PCR-Test nach. Es vergehen vor allem aufgrund der Verarbeitung mindestens 24 Stunden, bis ein Ergebnis vorliegt.
Schnelltests auf Antikörper hingegen liefern bereits nach 15 Minuten Ergebnisse und sollen zeigen, ob jemand bereits am Coronavirus erkrankt war. Die Testperson muss sich zuvor etwas Blut abnehmen lassen. Der Labortest sucht im Blut nicht nach den Erregern selbst, sondern nach Antikörpern, die das Immunsystem als Reaktion auf das Virus bildet.
Der Haken: Antikörper entstehen frühestens sieben Tage nach einer Infektion. Ein Schnelltest kann daher negativ ausfallen, obwohl sich die Testperson in der Zwischenzeit infiziert hat. Der Bund hat noch keinen Tarif für Antikörpertests festgelegt.