Daniel Felder aus Luzern ärgerte sich, als er eine Rechnung über Fr. 242.75 für einen eigentlich kostenlosen Corona-Schnelltest erhielt. Im Oktober 2020 hatte er die Permanence im Bahnhof Luzern aufgesucht, um sich testen zu lassen. Der 34-jährige saldo-Leser hatte Husten und leichtes Halsweh. Der Arzt sagte ihm, dass ein Test allein nicht genüge. Er kontrollierte seinen Blutdruck, mass Fieber und gab ihm ein Erkältungsmittel – und stellte später alles extra in Rechnung.
«Darüber informierte mich der Arzt vorgängig nicht», sagt Felder zu saldo. Und: «Bei einer leichten Erkältung hätte ich nie so viel Aufwand betrieben.» Felder musste die Rechnung aus dem eigenen Sack zahlen, da er seine Franchise bei der Krankenkasse noch nicht ausgeschöpft hatte.
Er beschwerte sich bei der Permanence. Eine Mitarbeiterin antwortete ihm per E-Mail, dass er am Testtag eine Einverständniserklärung für die zusätzlichen Untersuchungen unterschrieben habe. Felder bat, ihm das Dokument zuzusenden. Dann teilte ihm die Permanence mit, das Papier sei verloren gegangen.
Auffällig hohe Rechnungen von zwei Permanencen
Auch andere Patienten klagen in Interneteinträgen über den fragwürdigen Umgang der privaten Luzerner Notfallpraxis mit den kostenlosen Coronatests: Wie bei Felder stelle die Arztpraxis Testwilligen Extra-Untersuchungen in Rechnung – ohne sie vorab über die Kosten aufzuklären.
Mehrere Versicherte alarmierten eine grosse Krankenkasse. Diese wertete die Abrechnungen der Permanence Bahnhof Luzern und weiterer Notfallpraxen aus. Ergebnis: Die Luzerner Permanence stellte von Juni 2020 bis Ende Mai 2021 im Zusammenhang mit einem Coronatest durchschnittlich 180 Franken in Rechnung. Darin enthalten waren auch ärztliche Behandlungen, Medikamente und Laborkosten. Auffällig hoch waren auch die Rechnungen der Permanence Zürich-Oerlikon. Sie verlangte im gleichen Zeitraum durchschnittlich Fr. 168.20. Allein bei der einen Kasse rechneten die Luzerner Permanence rund 1400 Coronatests und die Oerlikoner Notfallpraxis fast 3800 Tests ab.
Der Bund vergütet Praxen pro Test eigentlich nur 50 Franken. Für Testwillige ist dieser gratis – noch bis Ende September. Mit der Pauschale sind die ärztliche Konsultation im Zusammenhang mit dem Test, die Probeentnahme und die Übermittlung der Probe abgegolten. Ärzte, welche die Patienten zusätzlich wegen anderer Leiden als Corona untersuchen oder behandeln, müssen vorab klar darüber informieren, dass Extrakosten anfallen würden. Und sie müssen für diese Behandlungen separate Rechnungen ausstellen. Die Versicherten berappen die Kosten dann im Rahmen ihrer Franchise selbst, falls sie diese in dem Jahr noch nicht ausgeschöpft haben.
Herbert Sterchi von der Permanence Bahnhof Luzern verweist auf die Website der Praxis. Dort stehe, dass man nur erkrankte Patienten betreue und der «ärztliche Untersuch nicht in der vom Bund übernommenen Pauschale» inbegriffen sei. Auch Kosai Baki von der Permanence Oerlikon bestreitet, dass seine Praxis «standardmässig zusätzliche ärztliche Untersuchungen» vornehme, ohne die Patienten vorab aufzuklären.
Beide Permanence-Kliniken weisen darauf hin, dass Patienten vor dem Test ein Formular ausfüllen und unterschreiben würden, in dem sie bestätigten, dass sie die Informationen erhalten haben.
Krankenkassen scheuen den Gang vor Gericht
Selbst wenn Praxisbetreiber durch überhöhte Rechnungen auffallen, haben sie wenig zu befürchten. Eine grosse Krankenkasse fordert von der Permanence Bahnhof Luzern rund 85 000 Franken und von der Permanence Oerlikon 220 000 Franken wegen überhöhter Testrechnungen zurück. Die Permanence Luzern bestreitet, dass es diese Rückforderung gibt. Die Bestätigung der Kasse liegt saldo aber schriftlich vor. Gemäss einem Insider zieht die Krankenkasse in der Regel jedoch «solche Fälle angesichts des hohen Aufwands» nicht vor Gericht.