Coop siegt gegen Nestlé – Konsumenten gehen leer aus
Coop nahm mehr als zwei Monate lang über 200 Nestlé-Produkte aus den Regalen. Der Grossverteiler wollte damit günstigere Einkaufspreise aushandeln. Er hat sein Ziel erreicht. Die Kunden aber haben nichts davon.
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saldo 10/2018
29.05.2018
Letzte Aktualisierung:
11.06.2018
Thomas Lattmann
Coop Megastore, Sihlcity Zürich, am 8. März: Das Regalabteil für Thomy Mayonnaise à la française in der beliebten 170-Gramm-Tube ist leer. Auch wer das Nesquik Knusper-Frühstück, den portionierten Nescafé Gold Capuccino oder den Maggi-Gewürzmix für Zürcher Geschnetzeltes kaufen will, sucht vergeblich. Dutzende von Produkten des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé fehlen im Coop Megastore.
Von Mitte Februar...
Coop Megastore, Sihlcity Zürich, am 8. März: Das Regalabteil für Thomy Mayonnaise à la française in der beliebten 170-Gramm-Tube ist leer. Auch wer das Nesquik Knusper-Frühstück, den portionierten Nescafé Gold Capuccino oder den Maggi-Gewürzmix für Zürcher Geschnetzeltes kaufen will, sucht vergeblich. Dutzende von Produkten des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé fehlen im Coop Megastore.
Von Mitte Februar bis Ende April boykottierte Coop über 200 Nestlé-Produkte. Deshalb blieben die Gestelle leer. Mit dem Boykott wollte Coop bei Nestlé günstigere Einkaufspreise durchsetzen. Der Detailhändler setzte sich nicht als Einziger gegen den Lebensmittelmulti zur Wehr. Mit im Boot waren fünf ausländische Grosshändler der Einkaufsgemeinschaft Agecore – darunter die deutsche Kette Edeka. Laut einem Börsenkommentar der Zürcher Kantonalbank kaufen Agecore-Mitglieder bei Nestlé jährlich für 2 Milliarden Franken ein. Das entspricht rund 10 Prozent des Nestlé-Umsatzes in Europa.
Coop als Anwalt der Konsumenten dargestellt
Normalerweise gelangen Preisverhandlungen zwischen Lieferanten und Detailhändlern nicht an die Öffentlichkeit. Publik wurde der Boykott durch einen Bericht in der deutschen «Lebensmittelzeitung». «Blick» stellte darauf Coop als Anwalt der Konsumenten dar. Die Zeitung prophezeite: «Ist das Einkaufsbündnis erfolgreich, hat am Ende auch der Konsument durch tiefere Preise etwas vom Streit der Giganten.»
Anfang Mai gaben Nestlé und Agecore eine «ausgewogene Einigung» bekannt. Und «Blick» behauptete: «Die Produktpreise sinken dauerhaft.»
Ein Augenschein im Coop Sihlcity am 18. Mai zeigt: Die Lücken in den Regalen sind verschwunden. Doch die Preise der Nestlé-Produkte sind unverändert. Das geht aus der saldo-Stichprobe bei 30 Nestlé-Produkten hervor. Einzige Ausnahme: Thomy French Dressing Light in der 7-Deziliter-Flasche wurde um 12,3 Prozent teurer. Das bedeutet: Coop gibt die tieferen Einkaufspreise nicht an die Kunden weiter. Im Gegenteil.
Coop-Sprecher Urs Meier erklärt, die Kunden würden vom Verhandlungsergebnis «in Form von starken Aktionen» profitieren, «zum Beispiel mit der Nestlé-Village-Aktion». Doch dieselbe Aktion gab es schon vor Jahresfrist (siehe Bilder im PDF).
Ein Blick in die Coop-Zeitungen der vergangenen Jahre zeigt zudem: Es gab immer regelmässig Rabatte auf Produkte von Nestlé-Marken wie Buitoni, Frisco, Maggi und Cailler. Das heisst: Coop bessert mit den günstigeren Einkaufspreisen die eigene Gewinnmarge auf.