Bundesrat kuscht vor Casino-Lobby
Die Lotterie- und Casinobetreiber haben am Entwurf zum Geldspielgesetz mitgeschrieben. Entstanden ist ein Text, der die Casinos vor Konkurrenz bewahrt. Der Schutz der Spielsüchtigen bleibt Makulatur.
Inhalt
saldo 10/2016
25.05.2016
Letzte Aktualisierung:
27.05.2016
Sven Zaugg
Stolz präsentierte Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) vor zwei Jahren den Entwurf zum neuen Geldspielgesetz. Sie sprach von einem «echten Gemeinschaftswerk». Im Juni kommt das Geschäft vor den Ständerat.
Künftig soll es Schweizer Casinos erlaubt sein, Geldspiele auch via Internet anzubieten. Dies ist heute verboten. Laut Entwurf dürfen sich nur Schweizer Casinos um eine Konzession für Internetgeldspiele bewerben. Zugl...
Stolz präsentierte Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) vor zwei Jahren den Entwurf zum neuen Geldspielgesetz. Sie sprach von einem «echten Gemeinschaftswerk». Im Juni kommt das Geschäft vor den Ständerat.
Künftig soll es Schweizer Casinos erlaubt sein, Geldspiele auch via Internet anzubieten. Dies ist heute verboten. Laut Entwurf dürfen sich nur Schweizer Casinos um eine Konzession für Internetgeldspiele bewerben. Zugleich wird der Zugang zu ausländischen Angeboten gesperrt. Der Bund verspricht sich höhere Umsätze und Gewinne im Schweizer Geldspielsektor – und mehr Steuereinnahmen. Gleichzeitig soll der Spielerschutz beschnitten werden.
In der Arbeitsgruppe, welche die Grundlage für den Revisionsvorschlag erarbeitete, sassen hauptsächlich Mitglieder der Glücksspielindustrie: Marc Friedrich, Geschäftsführer Schweizer Casinoverband, Jean-Luc Moner-Banet, Geschäftsführer Loterie Romande, Roger Hegi, Direktor Sport-Toto-Gesellschaft, und Roger Fasnacht, Direktor Swisslos. Sie setzten ihre Anliegen durch:
Internet: Die Casino-Lobby forderte, die Konzession für Glücksspiele im Internet müsse im Inland bleiben. Begründung: «Ausländische Grossanbieter missachten das Verbot für Internetcasinos in der Schweiz.» In der ersten Fassung war der Marktzugang für ausländische Casinos vorgesehen. Die ständerätliche Rechtskommission strich den Passus.
Spielsüchtige: Die Lobby forderte, auf eine vom Bundesrat eingesetzte neue Kommission zur Prävention von Spielsucht und auf eine Spielsuchtabgabe sei «zu verzichten». Den Casinos entstünden im Vergleich zum umliegenden Ausland Wettbewerbsnachteile. Der Passus wurde gestrichen.
Christian Ingold vom Zentrum für Spielsucht in Zürich kritisiert: «Der Bundesrat hat Steuerinteressen höher gewichtet als den Schutz der Spieler.» 2014 wurden in Schweizer Casinos und Lotterien 1,66 Milliarden Franken verspielt. Die Kantone erhalten 4,8 Millionen Franken für Präventionszwecke. Das sei «viel zu wenig», sagt Ingold. Pro Jahr verursache die Spielsucht Kosten von schätzungsweise 650 Millionen Franken. Und mit der Zulassung von Onlinecasinos steige der Bedarf an Prävention.