Süssgetränke wie Coca-Cola enthalten in der Schweiz viel zu viel schädlichen Zucker («K-Tipp» 12/2022). Coop, Migros, Coca-Cola, Nestlé sowie weitere Hersteller und Getränkehändler vereinbarten mit dem Bund, den Zucker in Getränken freiwillig um 10 Prozent zu reduzieren. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit liess sich die Ziele von der Industrie diktieren (saldo 1/2024).
Auch bei der Frage, was die Öffentlichkeit über die Korrespondenz zwischen Bundesamt und Getränkeindustrie erfahren sollte, kam das Bundesamt den Unternehmen sehr entgegen: Es bot ihnen an, Passagen einzuschwärzen – obwohl es selbst entscheiden sollte, welche Informationen es publiziert. Das zeigt die Korrespondenz zwischen dem Bundesamt und den Firmen, die saldo gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz erhielt. Coop wollte als einziger Süssgetränkehändler seine E-Mails ans Amt nicht herausgeben, weil sie angeblich Geschäftsgeheimnisse enthielten.
Das Bundesamt antwortete, dass es «in den Dokumenten keine Ausführungen zu Geschäftsgeheimnissen ermitteln» könne. Trotzdem bat es Coop, die Textstellen zu nennen, die angebliche Geschäftsgeheimnisse darstellen. «Das Amt wird diese Passagen dann vor der Übermittlung an den Journalisten schwärzen.» Coop nahm die Einladung an.
Warum knickte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit vor Coop ein, statt sich für Transparenz einzusetzen? Das Amt schreibt saldo: «Für eine Behörde ist es nicht möglich, abschliessend zu beurteilen, welche Informationen effektiv Geschäftsgeheimnisse eines Unternehmens betreffen.»
Markus Schefer, Professor für Staatsund Verwaltungsrecht der Uni Basel, widerspricht: «Es ist Aufgabe der Behörde, zu entscheiden, was geschwärzt wird und was nicht.» Es dürften nur effektive Geschäftsgeheimnisse geschwärzt werden. «Nicht jede Angabe eines Unternehmens ist ein Geschäftsgeheimnis.»
Red Bull verzichtete auf die Zensur von Textstellen
Auch gegenüber dem österreichischen Energy-Drink-Hersteller Red Bull zeigte sich der Bund zuvorkommend. Red Bull wollte seine Stellungnahmen zur Zuckerreduktion zuerst aufgrund von angeblichen Geschäftsgeheimnissen nicht herausgeben. Das Amt bot ebenfalls an, die E-Mails entsprechend zu schwärzen, obwohl es keine Geschäftsgeheimnisse erkennen konnte. Red Bull verzichtete aber darauf.