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Der erste Chefstatistiker der Schweiz war zugleich Chefredaktor der «Neuen Zürcher Zeitung». Seinen Nachfolger betitelten Presse und Parlamentarier als Kommunisten und mobbten ihn 1872 aus dem Amt. Sein Vergehen: Er erstellte erstmals Tabellen über Durchschnittspreise und -löhne.
Das fundiert recherchierte Buch des pensionierten Lausanner Geschichtsprofessors Hans Ulrich Jost erzählt die Geschichte der Statistik in der Schweiz. Sie ist weniger staubig, als es die trockene Materie vermuten lässt. Wer die Macht über Zahlen besitzt, bestimmt laut Jost die Politik mit.
Arbeitgeber lassen Muskeln spielen
Die ersten Direktoren des fünfköpfigen «eidgenössischen statistischen Büros» hatten es besonders schwer. Eine der umstrittensten Arbeiten war der 1920 eingeführte Landesindex der Konsumentenpreise. Dieser Index misst die Teuerung. Er ist ein wichtiger Faktor bei Lohnerhöhungen. Deshalb haben Arbeitgeber bis heute ein Interesse an einer tiefen Teuerung. Entsprechend nehmen sie Einfluss auf die Bundesverwaltung. Je nachdem, wie stark die einzelnen Posten gewichtet sind, ändert sich der Index. Einer der ersten Statistiker der Schweiz, der Zürcher Pfarrer Johann Heinrich Waser, war 1780 gar hingerichtet worden. Er hatte die Verwalter des Kriegsfonds mit harten Zahlen kritisiert.
Kein Geld mehr für Armutsbeobachtung
Bis heute bleibt bei statistischen Erhebungen entscheidend, wer die Details bestimmt. Beispiel: 2004 kürzte das Parlament dem Bundesamt das Budget. Als Folge mussten die Statistiker die Armutsbeobachtung aus dem Programm kippen. Die Politik «wollte von Armut nichts mehr wissen», so Co-Autor Carlo Malaguerra.
Malaguerra war langjähriger Direktor des Bundesamts für Statistik. Er beschreibt die Entwicklung ab 1980. Dass er als Direktbeteiligter die Ereignisse einordnen darf, ist der einzige Makel dieser spannenden Publikation.
Hans Ulrich Jost, «Von Zahlen, Politik und Macht», Chronos 2016, 175 Seiten, ca. Fr. 38.–
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