Hochleistungskühe liefern bis zu 16 000 Liter Milch pro Jahr und gebären jedes Jahr ein Kalb. Weil die Kälber von Hochleistungskühen kaum Fleisch ansetzen, landen sie oft schon nach wenigen Tagen im Schlachthof (saldo 3/15).
«Wegwerfkälber» sind nur einer der Missstände in der modernen Landwirtschaft. Die deutsche Journalistin Tanja Busse weiss, wie Bauern ticken: Sie wuchs selbst auf einem Bauernhof auf. Ihre Recherchen führte sie nicht am Computer, sondern direkt bei Landwirten, im Stall und im Schlachthof durch.
Ihr Fazit: Die moderne Landwirtschaft setzt auf Grossbetriebe, die möglichst viel und billig produzieren.
Die Bauern verkaufen die wertvolle Milch der Mutterkühe – die weiblichen Kälbchen erhalten Milch aus billigem Milchpulver. Auch die Muttertiere erhalten zweifelhafte Nahrung: Damit sie besser fressen und mehr leisten, flössen ihnen die Bauern Propylenglykol ein – eine Substanz, die in Discotheken künstlichen Nebel erzeugt oder als Frostschutzmittel dient.
Die ständige Höchstleistung pumpt die Kühe aus. Ihnen droht ein Burnout. Und damit der direkte Weg zur Schlachtbank. Busse kritisiert auch den ständig steigenden Einsatz von Dünger, Pestiziden, Herbiziden und Antibiotika. Die Chemie dient nicht dem Tierwohl – sondern einzig dazu, noch mehr in noch kürzerer Zeit aus dem Boden und aus den Tieren herauszuholen.
Busse fordert Gegensteuer: Konsumenten sollten sich selbst ein Bild machen und auf die Höfe gehen. «Ich glaube, dass wir Konsumenten die Tiere wieder kennenlernen müssen, wir müssen wissen, wo sie herkommen. Und dann entscheiden, wie wir mit ihnen umgehen wollen. Ob wir sie essen wollen. Oder nur melken.» Gefordert sei auch der Gesetzgeber. Bei Fleischprodukten sollte die Tierhaltung deklariert sein. Das Buch zeigt eindrücklich, was die industrielle Haltung den Nutztieren antut. Es liest sich flüssig, ist aber nichts für schwache Nerven.
Tanja Busse, «Die Wegwerfkuh – Wie unsere Landwirtschaft Tiere verheizt, Bauern ruiniert, Ressourcen verschwendet und was wir dagegen tun können», Blessing, ca. Fr. 23.–